Rezensionen - Einstellungsjahr 2010

Verfasser: Uwe Bekemann (sofern nicht jeweils ein anderer Verfasser genannt ist)

The English Opening Volume Three

Mihail Marin
The English Opening Volume Three
273 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906552-59-6
24,99 Euro




The English Opening Volume Three
"The English Opening Volume Three" von Mihail Marin ist, wie unschwer aus dem Titel zu erkennen ist, der dritte Band seines ausgezeichneten Gesamtwerkes zur Englischen Eröffnung. Dieser Band schließt die Behandlung der Eröffnung ab.

Von der konkreten Darstellung der Inhalte abgesehen gibt es kaum noch etwas zum vorliegenden Band zu sagen, was nicht bereits in den Rezensionen zu den Bänden 1 und 2 zur Sprache gekommen wäre. So kann ich, um nicht mit Wiederholungen zu langweilen, unter Hinweis auf eben meine früheren Rezensionen nur die wichtigsten Eigenschaften von "The English Opening Volume Three" zusammenfassen. Band 3 ist

- das noch fehlende Element zur Komplettierung des Repertoires zur Englischen Eröffnung,
- eine vorbildlich verständliche und erklärende Einführung und Darstellung eines sehr gesunden Repertoires,
- aktuell,
- innovativ aufgrund sehr vieler Neuerungen in den Haupt- und Nebenvarianten,
- ein ausgezeichnetes Hilfsmittel auch für den Fernschachspieler.

Wir wollen aber nicht vergessen, auch den ganz konkreten Inhalt aufzuzeigen. "The English Opening Volume Three" enthält alles, was nach 1.c4 c5 entsteht, also in der sogenannten Symmetrievariante; dieser Name gefällt Marin übrigens nicht, weil er eine Balance vermittelt, die zu diesem frühen Stadium nicht vorhergesagt werden kann.

Marin ist ein ausgewiesener Kenner der Englischen Eröffnung, der das Repertoire vorstellt, auf dem auch sein eigenes Spiel in der Praxis beruht.

Die Serie, in der auch "The English Opening Volume Three" erschienen ist (Grandmaster Repertoire), bietet nur Bücher an, die von Großmeistern geschrieben und bearbeitet worden sind und, nach der wahrscheinlich zutreffenden Annahme der Bearbeiter John Shaw und Jacob Aagaard, auch von Großmeistern gelesen werden.

Die nun vollständig vorliegende dreibändige Ausgabe zur Englischen Eröffnung dürfte das Beste sein, was der Markt aktuell aus diesem Genre zu bieten hat.

Fazit: "The English Opening Volume Three" ist, wie auch schon die beiden Vorgängerbände, absolute empfehlenswert!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Attacking Chess, The Kings´s Indian Volume 1

David Vigorito
Attacking Chess, The Kings´s Indian Volume 1
368 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-645-6
21,95 Euro




Attacking Chess, The Kings´s Indian Volume 1
Everyman Chess hat eine neue Serie aufgelegt, "Attacking Chess", die sich auf dem Sektor der Eröffnungsliteratur auf solche Eröffnungen konzentriert, die schon traditionell für den Angriff im Schach stehen, wie auch auf offensive Abspiele in Eröffnungen, die man an sich weniger mit Angriffsschach verbindet.

"The King´s Indian Volume 1" von David Vigorito ist ein Vorreiter aus dieser neuen Serie. Wenn ihm Werke in gleicher Qualität folgen auch zu anderen Eröffnungen folgen, darf man von dieser neuen Serie noch einiges erwarten.

"The King´s Indian Volume 1"versteht sich als Repertoirebuch, doch ist es nach meiner Einschätzung eher an der Nahtstelle zwischen diesem Genre und der umfassenden theoretischen Erörterung anzusiedeln. Dies begründet sich damit, dass sich Vigorito zwar auf spezielle Linien beschränkt, er sich diese dann aber sehr gründlich und tief vornimmt.
Bevor wir uns den Inhalt des vorliegenden ersten Bandes anschauen, sei noch angemerkt, dass der geplante Band 2 das Fianchetto-System, den Vierbauernangriff, das Awerbach-System und sonstige Möglichkeiten von Weiß behandeln wird.

Band 1 besteht aus drei Teilen, in denen das klassische System (Abschnitte 1 und 2) sowie das Sämisch-System (Abschnitt 3) vorgestellt und erörtert werden. Im Einzelnen sehen die Inhalte wie folgt aus:

Abschnitt 1: Klassische Variante (1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6)
1. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Se1 Sxd7 10.Sd3 (Mar del Plata-Variante)
2. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Se1 Sxd7 10.f3 (Mar del Plata-Variante)
3. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Se1 Sxd7 10.Le3 (Mar del Plata-Variante)
4. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Sd2 (Mar del Plata-Variante)
5. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.b4 Sh5 ohne 10.Te1 (Mar del Plata-Variante)
6. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.b4 Sh5 10.Te1 (Mar del Plata-Variante)
7. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.d5 Se7 9.Verschieden (Mar del Plata-Variante)
8. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sc6 8.Verschieden (Mar del Plata-Variante)

Abschnitt 2: Klassische Variante (1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 ohne 7.0-0)
9. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.Le3 Sg4 8.Lg5 f6 9.Lc1 Sc6 (Gligoric-Variante)
10. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.Le3 Sg4 8.Lg5 f6 9.Lh4 g5 (Gligoric-Variante)
11. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.d5 a5 ohne 8.Lg5 (Petrosian-Variante)
12. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.d5 a5 8.Lg5 (Petrosian-Variante)
13. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 Txd87.dxe5 dxe5 8.Dxd8 (Abtausch-Variante)

Abschnitt 3: Sämisch-System (1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8)
14. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8 9.h4 ohne 9…h5 (Panno-Variante)
15. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8 9.h4 h5 10.0-0-0 (Panno-Variante)
16. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8 9.h4 h5 10.Sc1 (Panno-Variante)
17. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8 9.Sc1 (Panno-Variante)
18. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8 9.0-0-0, 9.Lh6, 9.g4 (Panno-Variante)
19. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 7.Sge2 a6 8.Dd2 Tb8 9.a3, 9.Tb1, 9.Tc1 (Panno-Variante)
20. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Le3 Sc6 - andere Linien (Panno-Variante)

Wie man sieht, muss die Partie schon mehrere entsprechende Weichen genommen haben, damit sie ins Repertoire dieses Werkes kommt. Auf dem Weg dahin muss andere Literatur helfen, bis auch Band 2 erschienen ist, der den Stoff "rund" machen dürfte.

Wie oben schon angedeutet, ist "The King´s Indian Volume 1" sehr stark in der Erörterung des Materials. Vigorito ist es ausgezeichnet gelungen, die Eröffnungswege mit ihren Ideen und Möglichkeiten verständlich zu machen. Man hat auch zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, dass er jeweils ganz genau weiß, warum eine Empfehlung zu geben oder ein Vorbehalt auszusprechen ist; er verlässt sich offenkundig nicht einfach auf Einschätzungen, die frühere Autoren in ihren Werken getroffen haben. Dies zeigt sich auch darin, dass er seine Einschätzung regelmäßig detailliert begründet. Eine Aussage beispielsweise, dass Schwarz besser steht, der Leser dann aber selbst ergründen muss, warum dies so sein soll, ist selten zu lesen. Mir persönlich gefällt es ausgesprochen gut, wenn ein Autor seine Aussagen so nachprüfbar trifft, denn dies bestätigt auch sein Vertrauen in die eigene Arbeit. Allgemein und oberflächlich gehaltene Stellungsbewertungen sind deutlich schwieriger zu widerlegen als sehr spezifisch begründete. Diese "Gefahr" scheut Vigorito offensichtlich nicht, er begegnet ihr mit Leistung.

Aus der speziellen Sicht des Fernschachspielers überzeugt "The King´s Indian Volume 1" auch durch seine Vollständigkeit. Varianten werden, bei Bedarf auch schon mal umfangreicher, an den kritischen Stellen angeboten. In der praktischen Fernpartien dürfte das Werk, besonders im Zusammenspiel mit einer gepflegten Datenbank, eine ausgezeichnete Grundlage sein, um sicher und aussichtsreich ins Mittelspiel zu kommen.

Die Bibliografie ist beeindruckend und enthält die wichtigen neuesten Quellen, die der Markt hergibt. Speziell aus dem Bereich des Fernschachs stammenden Quellen sind nicht verzeichnet, Fernschachpartien sind jedoch in nicht geringer Zahl referenziert. Etliche davon sind im Bereich des Deutschen Fernschachbundes e.V. oder auch international unter Beteiligung dessen Spieler ausgetragen worden.

Das Variantenverzeichnis am Ende des Buches ist erfreulich detailliert und erlaubt die schnelle Orientierung im Stoff.

Es hat jüngst einige Buchveröffentlichungen zur Themaeröffnung gegeben. "The King´s Indian Volume 1" sollte man aber keinesfalls als "noch ein weiteres Werk über den Königsinder" abtun. Die im Buch in den Fokus genommenen Systeme machen das Werk einzigartig, die Qualität der Darstellungen verbürgt einen besonderen Gewinn für den Leser.
Fazit: Sehr empfehlenswert!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Elements of Chess Strategy

Alexei Kosikov
Elements of Chess Strategy
159 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906454-24-1
17,95 Euro




Elements of Chess Strategy
"Elements of Chess Strategy" von Alexei Kosikov, in englischer Übersetzung erschienen 2010 bei "Gambit Publications Ltd.", ist ein Werk, bei dem der Titel leicht eine ungenaue Vorstellung vom Inhalt vermitteln kann. Ich sehe in dem Werk eher ein Trainingsbuch für den fortgeschrittenen Klubspieler, um mit (besserer) strategischer Planung die Partien zu führen, als etwa eine theoretisch-praktische Darstellung der Elemente, auf die Schachstrategie bauen kann. Manche Inhalte lassen sich mehr im Nah- als im Fernschach nutzen, weil sie auch mit Bedenkzeit und dem unmittelbaren Kontakt der Spieler während der Partie zu tun haben, die Schärfung des eigenen strategischen Spiels bietet sich aber jedem Leser als Chance.
Schon im Untertitel des Werkes zeigt der Autor sein Anliegen auf, nämlich dem Leser einen knappen und präzisen Ratgeber zum zielorientierten Denken im Schach zu geben. Strategisch Erfolg versprechendes Vorgehen anstelle nur aus der Situation gegebene taktische Möglichkeiten sollen die Erfolgsaussichten erhöhen.

Das Werk enthält die folgenden fünf Kapitel (in Übersetzung):
1. Einen Plan in der Schachpartie ausarbeiten
2. "STOPS" - ein System zur Selbstdisziplin im Schach
3. Der Vorteil des Läuferpaars
4. Warnung - Falle voraus!
5. Ungleichfarbige Läufer im Mittelspiel.

Im ersten Kapitel setzt sich der Autor allgemein mit den Elementen auseinander, auf denen Schachstrategie basieren kann, und beschreibt die Aufgabe, aus deren großer Zahl die in der aktuellen Partiestellung wichtigen zu erkennen und zu nutzen.
Anhand von Diagrammstellungen aus praktischen Partien wird der Leser vor die Aufgabe gestellt, die wesentlichen Merkmale zu erkennen und zu nutzen. Ein oder zwei konkrete Aufgaben sind jeweils zu absolvieren, die es durchaus in sich haben. So kann mal die umfassende Durchleuchtung gefragt sein, dann wieder die Bestimmung der jeweils dominierenden strategischen Elemente. Seine Lösung vergleicht der Leser immer sogleich mit der Buchlösung am Ende des Kapitels; diese wird nicht einfach stumpf vorgesetzt, sie wird lehrbuchhaft erörtert.
Einzelne Elemente wie "das Prinzip der zwei Schwächen" oder "Manövrieren" werden intensiver behandelt.

Das zweite Kapitel befasst sich mit einem System des Autors zur Selbstdisziplin, STOPS genannt. Der Name bildet sich aus den Anfangsbuchstaben der englischen Wörter für Selbstdisziplin, Taktik, objektive Stellungsuntersuchung, prophylaktisches Denken und Bewahren der Ruhe. Dieses System, bei dem der Autor auch mit Punktwerten für die einzelnen genannten Fähigkeiten arbeitet, soll dem Spieler in der Partie eine systematische Hilfe sein. Inwieweit dieses System auch im Fernschach wirklich hilfreich ist, kann jeder Leser nur für sich entscheiden.

Sehr ausgiebig befasst sich der Autor mit den Themen "Vorteil des Läuferpaars" in Kapitel 3 und "ungleichfarbige Läufer im Mittelspiel" in Kapitel 5. In diesen beiden Kapiteln verorte ich einen besonderen Wert des Buches. Auch diese beiden Kapitel sind, wie oben zum 1. Kapitel beschrieben, nach dem Prinzip von Diagrammstellungen mit Aufgaben und Lösungen aufgebaut.

Das gerade übersprungene Kapitel 4 "Warnung - Falle voraus!" richtet sich nach meiner Einschätzung eher wieder an den Nahschachspieler. Dies mache ich u.a. auch an mehreren Regeln fest, die der Autor dem Leser anbietet und die eher mit den Merkmalen des Nahschachs im Zusammenhang stehen.

Für mich steht es außer Zweifel, dass die intensive Arbeit mit diesem Werk die Spielstärke heben wird, das Auge wird auf die strategischen, auf die langfristigen Aspekte der Partie gelenkt. Ich stufe "Elements of Chess Strategy" als Empfehlung für den fortgeschrittenen Klubspieler ein, während der Anfänger sich zunächst allgemeines Rüstzeug zur Schachstrategie verschaffen sollte.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Grandmaster Repertoire, The English Opening Volume Two

Mihail Marin
Grandmaster Repertoire, The English Opening Volume Two
432 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906552-38-1
27,99 Euro




Grandmaster Repertoire, The English Opening Volume Two
Zu den besten Repertoirebüchern auf dem Markt zählen jene von "Quality Chess" aus der Reihe "Grandmaster Repertoire". Und in dieser Reihe verdient das in drei Bänden erschienene Werk zur Englischen Eröffnung aus der Analyse- und Kommentierungsküche des rumänischen Großmeisters Mihail Marin ein besonderes Ausrufezeichen. Während 1.c4 e5 ind Band 1 und 1.c4 c5 in Band 3 behandelt wird, ist dem zweiten Band das breitere weitere Spektrum vorbehalten, insbesondere also 1.c4 Sf6 und 1.c4 c6, aber auch 1…e6, 1…b6 und 1…f5 werden neben weiteren Alternativen behandelt.

"Grandmaster Repertoire, The English Opening Volume Two" schließt sich nicht nur thematisch sondern auch qualitativ hervorragend an Band 1 an.
Das Werk enthält vier Abschnitte, die insgesamt 30 Kapitel beherbergen. Marin empfiehlt ein erstes Lesen in der natürlichen Buchfolge und begründet dies damit, dass er oft strategische Ideen in einem frühen Kapitel einführt und sich später darauf bezieht. Bei einem Werk mit mehr als 400 Seiten ist dies allerdings eine echte Herausforderung. Aus der Sicht des Fernschachspielers, der sich gezielt und seine Partie begleitend der im Buch angebotenen Theorie bedienen möchte, somit vielleicht nicht gleich mit der Tochter auch die ganze Familie heiraten möchte, ist es wichtig, dass er ohne inhaltlichen Verlust auch irgendwo sonst ins Werk springen kann. Und genau auch das ist natürlich möglich.
Hilfreich ist der Einstieg über die allgemeine Einführung in die Eröffnung am Anfang des Werkes, dann aber kann die "Taktik des Verstehens" geändert werden. So kann der interessierte Leser ein Kapitel seiner Wahl aufrufen und sich von hier aus von Kapitel zu Kapitel springend in Richtung des Buchanfangs bewegen, um vermisste Darstellungen von taktischen Ideen etc. zu suchen. Innerhalb der Abschnitte folgen die Kapitel regelmäßig dem Prinzip "von kurz nach lang" hinsichtlich der Zugfolge, was heißt, dass fortgeschrittene Verzweigungen auch weiter hinten im Abschnitt bzw. im Kapitel zu finden sind. Fehlt beispielsweise zu Beginn des Kapitels 16 auf Seite 227 eine befriedigende einführende Erläuterung, so wird der Leser auf seinem Weg zurück in Kapitel 12 auf Seite 196 fündig.

Selten habe ich Repertoirebücher in der Hand gehalten, die so erfreulich intensiv von dem Anliegen des Autors geprägt sind, den Leser die Eröffnung verstehen zu lassen, wie diesen Band und seine Schwesterwerke von Mihail Marin. Der Leser wird nicht mit Zugfolgen und vielleicht kurzen Anmerkungen in der Art "Weiß steht wegen des Raumvorteils besser" allein gelassen, sondern er wird geradezu an die Hand genommen und in die Systeme geführt. Bleiben wir mal bei dem schon einmal genannten Kapitel 12, um ein Beispiel zu geben. Auf drei ganzen Seiten beleuchtet Marin die nach 1.c4 e6 2.g3 d5 erreichte Stellung und klopft sie daraufhin ab, welchem Typus sie entspricht und nach welchen Maßgaben es wie weitergehen kann, dabei natürlich auch auf lange Sicht.

Das Werk ist gespickt mit Neuerungen, die nach den Worten des Autors nicht selten aus seinen eigenen Analysen resultieren. Da er ein anerkannter Kenner der Englischen Eröffnung ist und über viel praktische Erfahrung verfügt, dürften die Neuerungen zumindest vielversprechend sein, auch wenn sie eben noch ohne Referenzpartien sind. Ob man ihnen folgt, liegt natürlich in der Hand des Spielers, der die Prüfung, die in der Vorbereitung dieser Rezension natürlich nicht für alle Neuerungen vorgenommen werden konnte, für sich selbst vornehmen muss. Gerade solche noch ungespielte Neuerungen können dem Fernschachspieler einen beachtlichen Vorteil durch einen Wissensvorsprung gegenüber dem Gegner in der Partie verschaffen.

Das erfreulich ausführliche Variantenverzeichnis am Buchende hilft sehr bei der Orientierung im Werk, besonders auch wenn man sich nicht an die Empfehlung des Autors zum chronologischen Vorgehen hält.
Die Sprache ist Englisch, mit "Schulenglisch plus" wird der Leser keine Probleme beim Verstehen bekommen.

"Grandmaster Repertoire, The English Opening Volume Two" ist ein Top-Werk, an dem der Englisch-Spieler nicht vorbeikommt. Und auch sein Gegner ist gut beraten, wenn er sich des Werkes bedient.
Fazit: Eine ganz klare Kaufempfehlung!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Bird-Eröffnung

Timothy Taylor
Bird-Eröffnung
234 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-942383-03-5
24,95 Euro




Bird-Eröffnung
Mit dem Buch "Bird-Eröffnung" von Timothy Taylor hat ein weiteres englischsprachiges Werk den erfreulichen Weg in eine deutsche Übersetzung gefunden. Everyman Chess hat damit "Bird´s Opening" aus dem Jahre 2005 speziell für den deutschen Markt aufbereitet. Zwar sind seit der englischen Erstausgabe fünf Jahre ins Land gegangen, dies aber ist für "1.f4" usw. in keiner Weise ein Nachteil. Das Werk ist so aktuell wie in den Tagen seines ersten Erscheinens auf der Insel.

Timothy Taylor bietet ein vollständiges Repertoire an und verbindet dies mit einer sehr gelungenen Einführung in das Wesen der Eröffnung und die einzelnen Linien. Der Schwerpunkt ist zugleich auf das Verstehen der Theorie und auf die "guten Züge" gelegt.

Sehr eindrucksvoll zeigt Taylor auf, dass die Bird-Eröffnung ein unterschätztes System ist und abwertende Urteile oft jeder belastbaren Grundlage entbehren. Er geht, und dies wohl nicht zu Unrecht, davon aus, dass so mancher "Bird" schlecht einschätzt, weil man Bird eben einfach schlecht einschätzen muss, wenn man nicht als Anfänger gelten will. Er nimmt sogar das Wort der "Massenhalluzination" in den Mund.
Mit seinem Werk leistet Taylor einen bemerkenswerten Beitrag zum Beweis, dass die Bird-Eröffnung ein gesundes System ist. Seine Argumente sind dabei ausgesprochen gut. So zeigt er auf, dass "Bird" sogar in den Stellungen einen zweifelhaften Ruf hat, in denen stellungsgleich Holländisch bestens etabliert ist, obwohl Weiß dabei sogar noch ein Extra-Tempo hat. Zurecht stellt er die Frage, wie denn unter diesen Umständen "Bird" schlecht sein soll, während Holländisch selbst auf höchster Bühne gespielt wird.
Diese Zeilen bestätigen, dass Taylor mit seinem Werk ein überzeugendes Plädoyer für die Bird-Eröffnung hält. Dabei vergisst er auch nicht, einen weiteren Trumpf zu erwähnen: Weiß ist beinahe zwingend in der Lage, dem Gegner die Eröffnung zu diktieren, wenn er es denn will. Und er erhält mit dem Repertoire aus diesem Buch auch Möglichkeiten an die Hand, mittels Übergängen aus anderen Eröffnungen in das Wunschsystem zu wechseln. "Bird" kann beispielsweise auch gut über g3 auf dem Brett entstehen.

Der bereits qualifizierten Einleitung mit dem Zusatz "Die historische Bird-Eröffnung" schließen sich drei Teile an, die

- 1.f4 d5 - Holländisch mit vertauschten Farben
- Froms Gambit
- Sizilianisch und weniger gebräuchliche Verteidigungen

Beinhalten. Die einzelnen "Sub-" Systeme wie beispielsweise "Die klassische Bird-Eröffnung" oder "Leningrader Variante im Anzug" bilden dann den Gegenstand einzelner Kapitel, von denen es insgesamt 11 im Werk gibt. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen theoretischen Einführung, in der zugleich ein Ausblick wie auch eine Übersicht auf die folgenden Partien gegeben wird. Diese Partien enthalten dann das Repertoire, das sehr anschaulich, auf das Verstehen abzielend und angemessen um Varianten ergänzt dargestellt wird. Die Partien, von denen zwei im Fernschach gespielt worden sind, stammen aus allen Epochen bis ins Erscheinungsjahr der englischen Originalausgabe.

Die Übersetzung ist sehr gut gelungen. Man merkt dem Werk nicht an, dass es nicht gleich in Deutsch verfasst worden ist.

Ein Partienverzeichnis und ein Variantenverzeichnis schließen dieses gelungene Werk ab.

Für mich ist "Bird-Eröffnung" eine klare Kaufempfehlung, denn für einen angemessenen Preis von 24,95 Euro erhält der Käufer ein Werk zu "Bird", das ihm diese Eröffnung wirklich näher bringt und ihm das Verstehen erlaubt. Auch dem Fernschachspieler eröffnet es alle Möglichkeiten zum Einstieg in das eigene kreative (Bird-) Spiel.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Capablanca: A Primer of Checkmate

Frisco Del Rosario
Capablanca: A Primer of Checkmate
176 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-9362770-2-5
17,95 Euro




Capablanca: A Primer of Checkmate
José Raúl Capablanca muss man nicht wirklich vorstellen, wenn man eine Rezension über ein Buch schreibt, das sich mit dem dritten Weltmeister im Schach und dessen Spiel befasst. Das Schachgenie aus Kuba galt und gilt als exzellenter Positionsspieler und als Meister der Endspielkunst.

Mit "Capablanca: A Primer of Checkmate" hat Frisco Del Rosario ein - in erster Linie - Partiebuch vorgelegt, das er auf eine spezifische Fähigkeit des früheren Weltmeisters fokussiert, nämlich auf die Kunst, die Partie in die Richtung eines bekanntes Matts zu treiben und dieses dann zu erzwingen.

Das Buch ist unterteilt in zwei Abschnitte, "The Art of the Checkmate" und "Play Like Capablanca", wobei mir die große Trennlinie zwischen ihnen nicht ganz klar geworden ist. In sieben bzw. zwölf Kapiteln bildet ein bekanntes Matt oder ein Mattmanöver den roten Faden. Ein Matt übrigens, von Del Rosario als "Capablancas Matt" getauft, ist als theoretische Zielstellung neu und somit eine Ergänzung der Endspieltheorie. Der jeweilige Gegenstand des besagten roten Fadens wird an einem Fragment oder einer vollständigen Partie, die nicht von Capablanca gespielt sein muss, eingeführt. Dem schließen sich das Beispiele der Umsetzung in Capablancas Praxis an.

Die Partien sind, was eigentlich für ein Werk dieser Art klar sein dürfte, historisch. Wer also nur Beispiele der jüngsten Turnierpraxis sucht, wird mit diesem Buch nicht glücklich werden. Jung aber sind die Ideen und die Bilder zum Matt, die das eigene Spiel bereichern können, wenn dem Spieler denn die Umsetzung gelingt.

Wie lässt sich dieses Werk hinsichtlich seines Mehrwertes für den Erwerber einschätzen? Zunächst einmal ist es sehr unterhaltsam geschrieben, es enthält nicht zu knapp Lesestoff. Dabei handelt es sich keineswegs nur um Material, was man irgendwo schon einmal so oder so ähnlich zu Gesicht bekommen hat. Del Rosarios Leistung liegt auch darin, weniger Bekanntes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen bzw. auch Bekanntem eine andere oder weitere Sichtweise zu geben.
Die Partien sind sehr verständlich kommentiert, Analysen mit längeren Zugfolgen sind nur sehr zurückhaltend integriert worden. Neben der Unterhaltung sehe ich aber auch den Profit für den Leser, der seine Spielstärke heben möchte. Er wird gezielt auf theoretische Motive und den Weg, diese zu erreichen, gelenkt. Ausreichend konzentriert und intensiv an die "Arbeit" mit diesem Werk gegangen, ist ein Lerneffekt sicher.

Das Vokabular des in Englisch geschriebenen Werkes ist bisweilen durchaus anspruchsvoller als bei vielen fremdsprachlichen Angeboten auf dem deutschen Markt. Mit einem Wörterbuch zur Hand sollte der über Schulenglisch verfügende Leser aber allemal zurechtkommen.
Die Verarbeitung ist erstklassig - feste Leimung, schneeweißes Papier und ein Einband aus angenehm dickem Karton.

Fazit: "Capablanca: A Primer of Checkmate" ist eine Bereicherung auf dem Markt der Schachbücher, unterhaltsam und mit dem Potenzial zum intuitiven Lernen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Dangerous Weapons: The Dutch

Richard Palliser, Simon Williams, James Vigus
Dangerous Weapons: The Dutch
224 Seiten, kartoniert
ISBN: 9781 85744 624 1
17,95 Euro




Dangerous Weapons: The Dutch
Nicht mehr ganz taufrisch, aber immer noch recht neu auf dem Markt ist "The Dutch" aus der Reihe "Dangerous Weapons" Von Everyman Chess. Die Autoren Richard Palliser, Simon Williams und James Vigus haben darin allerlei Ideen zusammengetragen, wie man abseits der Hauptlinien in der Theorie zur Holländischen Verteidigung mit Weiß oder Schwarz auf Vorteil spielen kann. Einiges davon dürfte auch auf den Überraschungseffekt beim Gegner abzielen, wenn ihm die ungewöhnliche Fortsetzung präsentiert wird, anderes folgt klar positionellen Erwägungen, auch wenn es bisher noch nicht oder nur wenig ausprobiert worden ist.

Das Werk beginnt mit mehreren wirklich extremen Zügen, mit denen zumeist Weiß aufwartet. Diese werden sehr früh in der Partie gespielt und man fragt sich, ob der Spieler denn auch selbst hinterherkommen wird, wenn er auf diese Weise seinen Rucksack über die Mauer wirft. Drei Beispiele hierzu: 1.d4 f5 2.Lg5 h6 3.Lh4 g5 4.e4 Th7 für Schwarz oder 1.d4 f5 2.Dd3 und 1.d4 f5 2.Sh3 für Weiß. Auf jeden Fall ist die Chance groß, dass der überraschte Gegner fast von Anfang an auf sich selbst gestellt ist und er nicht die vermutlich paraten gängigen Theorievarianten herunterspulen kann. Ob dies im Fernschach den erhofften Erfolg bringen kann, muss jeder Spieler für sich selbst beurteilen.

Anders verhält es sich ab dem siebten von zwölf Kapiteln. Die Themazüge setzen hier zu einem späteren Eröffnungszeitpunkt ein und sind nicht mehr so "extrem". Teilweise machen sie sogar einen sehr natürlichen Eindruck, so dass nur die tiefe nüchterne Bewertung ein angemessenes Urteil verspricht.

Vielleicht liegt gerade in der skizzierten Mischung der Reiz dieses Buches. Es bietet dem Blitzer, dem Fernschachspieler wie dem Turnierspieler im Nahschach Stoff für das eigene Repertoire an.

In den einzelnen Kapiteln wird das jeweilige Thema ganz kurz vorgestellt und dann anhand praktischer Partien beleuchtet. Dem schließ sich der Abschnitt "Looking a Little Deeper" an, in dem, wie die Überschrift schon ankündigt, ein etwas tieferer Blick in die Theorie genommen bzw. diese dort auch weiter entwickelt wird.

Wie für diese Serie typisch sind Merksätze eingebaut, jeweils mit Bildsymbolen kategorisiert. Beispielsweise vertritt das Symbol einer Kanone den Hinweis auf eine gefährliche Waffe.

Die Autoren haben ausweislich der Referenzierungen relativ wenig Rückgriff auf Fernschachmaterial genommen. Von den 17 vollständig abgebildeten Partien wurde keine im Fernschach gespielt.

Das Variantenverzeichnis am Buchende reicht für eine schnelle Orientierung aus. Das in Englisch geschriebene Werk stellt keine allzu hohen Anforderungen an die Fremdsprachkenntnisse des Lesers.

"Dangerous Weapons: The Dutch" ist ein beachtenswertes Spezialwerk. Zumindest für den Spieler, der Holländisch zu seinen Verteidigungen gegen 1.d4 zählt, ist es sicher eine Empfehlung.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

how to play against d4

Richard Palliser
how to play against d4
256 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-616-6
16,90 Euro




how to play against d4
Was spielt man gegen 1.d4? Irgendetwas aus der "indischen Palette" vielleicht? Lädt man zum Damengambit ein oder zur Slawischen Verteidigung? Derjenige, für den auch Benoni in Betracht kommt, wird mit einem neuen Werk von Richard Palliser bedient. Es trägt den Titel "how to play against 1 d4" und ist vor wenigen Wochen bei Everyman Chess erschienen.
Über den Titel kann man geteilter Meinung sein, weil er dem interessierten Kunden keinen genauen Hinweis gibt, dass es in diesem Buch um Benoni geht.

"how to play against 1 d4" ist ein Repertoirebuch mit zwei Teilen, einem ersten Abschnitt zum Tschechischen System und einem zweiten zum Geschlossenen System.

Teil 1:
Die weitere Untergliederung folgt einer Ordnung in der Reihenfolge Klassische Variante, Modernes System, Fianchetto-Variante und schließlich ungebräuchliche Abspiele. Eingeleitet wird alles über die Züge 1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 e5.

Teil 2:
Hier gibt es drei Untergliederungen, und zwar in die Klassische Weiße Entwicklung, Früher Angriff mit f2-f4 und Alternativen zu 2.d5. Das Geschlossene System wird über 1.d4 c5 2.d5 e5 eingeleitet.

Über das Buch hinweg werden die einzelnen Kapitel von einer Einführung, die sich mit den globalen Aspekten beschäftigt, eingeleitet. Dieser schließen sich dann entweder bereits illustrative Partien oder aber eine weitere, diesmal detaillierte theoretische Darstellung an. Insgesamt arbeitet Palliser mit 30 vollständigen Partien, die von Ausnahmen abgesehen, in der jüngsten Vergangenheit gespielt worden sind. Das Fernschach ist dabei nicht vertreten. Eine Übersicht über alle Partien findet der Leser am Buchende.

Die in den theoretischen Darstellungen und in den Partien zu findenden Analysen und Kommentare machen einen guten Eindruck auf mich. Sie sind durchaus als detailliert zu bezeichnen, ohne aber zu überfordern. Dabei fällt auf, dass sie nicht etwa vornehmlich aus Partiefragmenten bestehen, denen eine Wertung angefügt ist, sondern oft das Ergebnis einer Analysearbeit sein dürften.

Für die einen hilfreich, für die anderen gewöhnungsbedürftig ist der Einsatz von Symbolen, über die Palliser auf Besonderheiten aufmerksam macht. Für die Tipps steht die Glühbirne, die eine Verhaltensempfehlung an den Spieler anzeigt. Anmerkungen werden durch ein Klemmbrett symbolisiert. Sie enthalten Dinge wie beispielsweise auf S. 111 Folgendes: "Fernschachpartien sind eine ausgezeichnete Quelle für Eröffnungsideen und Inspiration. Wer gerne selbst forscht und ungewöhnliche Ideen sowie hübsche Züge finden will, ist mit einer guten Fernschach-Datenbank gut bedient" (Palliser, sinngemäß übersetzt). Letztlich gibt es noch den Totenkopf mit den beiden gekreuzten Oberschenkelknochen darunter, der, wie sollte es anders sein, eine Warnung vor etwas ausspricht.

Die Orientierung im Buch wird über ein angemessen detailliertes Variantenverzeichnis unterstützt, das sich im Schlussteil des Werkes befindet.

Ich halte "how to play against 1 d4" für ein gelungenes Werk, das zum Einstieg in Benoni befähigt und auch eine Fernschachpartie begleitend gut eingesetzt werden kann. Hier kann es, dem oben zitierten Hinweis folgend, zudem ein gutes Hilfsmittel sein, um die Ergebnisse von Datenbankauswertungen zu strukturieren.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

A Course in Chess Tactics

Dejan Bojkov und Vladimir Georgiev
A Course in Chess Tactics
191 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906454-14-2
11,95 Euro




A Course in Chess Tactics
"A Course in Chess Tactics" vom Autorenduo Dejan Bojkov und Vladimir Georgiev (Gambit Publications Ltd.) ist der Titel eines weiteren Werkes auf dem Markt, das sich der Taktik im Schach widmet. Seinem Namen nach bietet es dem Leser einen Kurs, einen Lehrgang zum Thema an. In einer sehr freien Übersetzung möchte ich es eher als "Streifzug durch die Schachtaktik mit "Sie-sind-am-Zug-Elementen" bezeichnen.
Nach meiner Einschätzung richtet es sich besonders an nicht mehr ganz unerfahrene Spieler, für diese dürfte es ein gutes Trainingsbuch sein. Es ruft dem Leser aus diesem Leistungsbereich in einem ersten Teil ("Basics") einzelne Elemente der Taktik wie Fesselung, Überlastung, Hinlenkung und Springergabel in Erinnerung, indem es diese anhand von natürlichen Partiesituationen vorstellt und untersucht. Jedem Element schließen sich mehrere Übungen an, in denen der Leser die richtige Fortsetzung im Sinne des gerade behandelten Themas finden muss. Über entsprechende kurze Hinweise wird sein Blick dafür auf das Wesentliche gerichtet.

In einem zweiten Teil steigt das Werk in fortgeschrittene taktische Elemente ein, z.B. Angriff gegen die Fianchetto-Stellung, Umgang mit ungleichfarbigen Läufern und Umgang mit offenen Linien. Jeweils in einer Einführung werden konkrete Hinweise zur Anwendung in der Partie gegeben. An Partiefragmenten wird die Darstellung dann vertieft. Auch in diesem Teil des Buches wird der Leser nach der Darstellung des Elements vor eigene Aufgaben gestellt, wieder mit einer kurzen Anleitung der Autoren.

Vor die größten Anforderungen stellt "A Course in Chess Tactics" den Leser im Abschnitt 21. Dieser enthält 50 Diagrammstellungen, die nur die Zusatzinformation zu dem am Zug befindlichen Spieler geben. Ohne einen Hinweis auf das zu findende taktische Element wird der Leser quasi in eine Situation gebracht, die jener in der eigenen praktischen Partie ähnelt. Nur das Wissen darum, dass die Stellung reif ist für einen taktischen Kunstgriff, unterscheidet diese Trainingsaufgabe von der praktischen Partie, denn ohne die verborgene taktische Möglichkeit gäbe es keinen Anlass für die Abbildung des Diagramms.
Die Aufgaben sind hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades durchaus als anspruchsvoll zu bezeichnen. Wenn die eigene Lösung mal "etwas klemmt", hilft das Lösungsverzeichnis weiter, das sich am Buchende befindet. Ganz am Schluss aber sind ein Spielerverzeichnis und ein Verzeichnis der Stellungskomponisten abgebildet; diese beiden Listen wären aus meiner Sicht entbehrlich gewesen.

In der Gesamtbetrachtung haben die beiden Großmeister Bojkov und Georgiev mit "A Course in Chess Tactics" ein gutes Trainingsbuch für den schon mit eigener Erfahrung ausgestatteten Spieler geschaffen.

Die Buchsprache ist Englisch, die Anforderungen an die Sprachkenntnisse des Lesers entsprechen dem Üblichen.
Fazit: Ein gelungenes Werk für den Leser mit einer Spielstärke jenseits der Anfangsgründe.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

New In Chess Yearbook 96

Verschiedene Autoren (Editor: Genna Sosonko)
New In Chess Yearbook 96
248 Seiten, gebunden
ISBN: 978-90-5691-304-5
31,95 Euro




New In Chess Yearbook 96
Das New In Chess-Jahrbuch 96 bestätigt einmal mehr, dass die Bücher aus dieser Serie zum Wichtigsten zählen, um eröffnungstheoretisch auf Stand zu bleiben. Jede Ausgabe trägt zudem großes Potenzial in sich, dass der Spieler die eine oder andere Waffe an die Hand bekommt, deren Bewertung sich entgegen früherer Einschätzungen ins Positive geändert hat oder die sogar gänzlich neu ist. Auf 231 der insgesamt 247 Seiten findet der Leser den "Stoff zum Erfolg", die weiteren Seiten beherbergen Rezensionen und "den üblichen Kleinkram".

Die schachliche Kost wird eingeleitet vom Forum, in dem jedermann, insbesondere auch der Leser, sich zu Beiträgen in früheren Ausgaben äußern kann. Neben u.a. einer Replik von Anish Giri, der mit Aussagen von Jacob Aaagaard im Jahrbuch 95 nicht einverstanden ist, und A. C. van der Tak kommen hier auch die beiden bekannten Fernschachspieler Tansel Turgut und Thomas Neuer zu Wort. Turguts Beitrag baut auf der Schwäche einer Rybka-Empfehlung auf und geht dabei auf einen Beitrag von Panu Laine, u.a. als freier Mitarbeiter der Fernschachpost bekannt, im Jahrbuch 95 ein. Letztendlich weist er eine Verbesserung im Sizilianer (B90) nach. Auch der Beitrag von Thomas Neuer setzt sich mit der Sizilianischen Verteidigung auseinander (B96). Die kritische Stellung ist hier im 26. Zug von Schwarz erreicht. Bemerkenswert an den Umständen der zugrunde liegenden Partie ist, dass Neuer diese in der ICCF-Championsleague als Weißspieler von IM Günter Henrich übernommen hat, der Anfang 2008 plötzlich verstorben ist. Sein Gegenspieler war Siegfried Karkuth, der inzwischen ebenfalls nicht mehr lebt (verstorben in 2009). Im Nahschach wäre es unter solchen Umständen nie zu einer vollendeten Partie gekommen!

In Sosonko´s Corner befasst sich Gennadi Sosonko mit der Berechenbarkeit von Spielern, die immer mit den gleichen Eröffnungen zu spielen pflegen. Ein Beitrag, der ein besonderes Interesse verdient! Ich denke, dass er, wenn auch etwas eingeschränkt, auch dem Fernschachspieler Denkanstöße zum eigenen Auftreten gibt.

Das Kernstück des Jahrbuches sind wie immer die "Surveys", also die intensiven Beiträge zur Eröffnungstheorie, 32 an der Zahl. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die behandelten Themen:

Sizilianisch Najdorf-Variante 7...Db6 B97
Sizilianisch Najdorf-Variante 6.Le3 B90
Sizilianisch Beschleunigter Drachen 4...g6 B35
Sizilianisch Taimanov-Variante 8...Lb4 B48
Sizilianisch Geschlossene Variante 2...a6 B23
Französisch Rubinstein-Variante 7.c3 C10
Caro-Kann Vorstoß-Variante 4.Sf3 B12
Caro-Kann Vorstoß-Variante 4.Sf3 B12
Skandinavisch 3.Sf3 B01
Aljechin-Verteidigung Voronezh-Variante 5.exd6 B03
Russisch Jänisch-Variante 8.c4 C42
Spanisch Cozio-Variante 3...Sge7 C60
Spanisch Berliner Verteidigung 6.dxe5 C65
Spanisch Abtausch-Variante 5…Df6 C68
Spanisch Arkhangelsk-Variante 6…Lc5 C78
Zweispringerspiel im Nachzuge Variante mit 4.d4 C56
Abgelehntes Damengambit Abtauschvariante 10.h3 D36
Slawisch Krause-Variante 9.c3 D17
Slawisch Anti-Moskauer Variante 5.Lg5 h6 D43
Damengambit Semi-Tarrasch 6.e4 D41
Katalanisch Geschlossene Variante 4…Lb4 E01
Nimzo-Indisch Rubinstein-Variante 5.Se2 E42
Nimzo-Indisch Klassische Variante 4…c5 E39
Nimzo-Indisch Wiener Variante 7.e5 D37
Grünfeld-Indisch Abtausch-Variante 5.e3 D80
Grünfeld-Indisch Abtausch-Variante 7.Sf3 D85
Königsindisch Klassische Hauptlinie 9.Se1 E99
Benoni System mit Ld3, h3 A70
Altindisch Schmid Benoni 6.Le2 A43
Holländisch Leningrader Variante 7…De8 A87
Englische Eröffnung Symmetrievariante 3…b6 A30
Englische Eröffnung Anti-Grünfeld mit 5.e4 A16

Den drittletzten Beitrag, "Malaniuk´s Knight Move to the Centre - Part II" von Krzysztof Panczyk und Jacek Ilczuk habe ich für ein paar zusätzliche Zeilen ausgesucht, stellvertretend für alle andere Theoriebeiträge. Er befasst sich mit der Holländischen Verteidigung nach den Eröffnungszügen 1.d4 f5 2.c4 Sf6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.Sf3 0-0 6.0-0 d6 7.Sc3 De8 8.d5 Sa6 9.Tb1 Sc5. Wie der Titel schon sagt, handelt es sich um den zweiten Teil des Gesamtbeitrags, der in Band 95 begonnen worden ist. Er enthält aber die Hauptlinie 10.b4 nach der einführenden Zugfolge.
Nach einer kurzen Einführung, die mit einem Resume endet, führen die beiden Autoren Partien zu den kritischen Stellungen auf. Diese sind allesamt kommentiert, allerdings nicht deskriptiv. Die landläufig als Informator-Stil bezeichnete Kommentierweise beschränkt sich somit auf die Abbildung reiner Zugfolgen, erweitert um Kommentierungs-Symbole. Diese Symbole (beispielsweise "Kompensation für das Material", "Raum" oder "Initiative") entstammen dem NIC-Kommentierungssystem, dessen Zusammenstellung der Leser auf Seite 247 findet.
Bei der Arbeit mit diesem Beitrag kann man zu der Auffassung kommen, dass er eine "Fernschachvariante" behandelt. Gleich sieben der neun abgebildeten Partien wurden im Fernschach ausgetragen. Zwei Partien, die den Autoren zugleich als Referenzpartien dienen, wurden von bekannten Spielern im deutschen Fernschach gespielt. (Georg Windhausen in seiner Partie mit Schwarz, Karlheinz Weber in der anderen mit Weiß). Resultat - jeweils ein Remis! Weitere bekannte deutsche Namen tauchen in den Partiefragmenten auf (Achilles, Hamann, Meister, Bellmann u.w.).

Das "New In Chess-Jahrbuch 96" ist auch mit seiner neuen Ausgabe Nummer 96 das Stück Edelholz, aus dem der Künstler auf den 64 Feldern sein Eröffnungsrepertoire schnitzt! Empfehlenswert!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Play chess like the PROs

Danny Gormally
Play chess like the PROs
208 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-627-2
17,95 Euro




Play chess like the PROs
"Play chess like the PROs", Schach spielen wie die Profis, ein anspruchsvoller Buchtitel. Danny Gormally, Großmeister von den Britischen Inseln, ist der Autor dieses bei Everyman Chess erschienenen Werkes.
Wer dahinter quasi einen Leitfaden in der Art "Wie wird man so gut wie ein Profi in fünf einfachen Schritten?" sucht, wird nach dem Kauf enttäuscht sein. Wer aber ein Werk mit nett und auch anspruchsvoll kommentierten Partien mag, während und zwischen denen vorwiegend unterhaltsame Plaudereien die schachliche Kost auflockern, dem wird das Werk gefallen.

Gormally schildert eigene Erlebnisse rund um das Schachbrett und den Turniersaal und auch solche, die anderen in seiner Gegenwart widerfahren sind bzw. von denen diese berichtet haben und die irgendwie auch Einfluss auf das jeweilige Spiel am Brett und den Erfolg gehabt haben. Mit ihnen reflektiert er das, was zu den Grundbedingungen zum Erfolg im Schach gehört: Siegeswillen, Vorbereitung auf die Partie und Schachverständnis. Das Erzählen von guten und schlechten Beispielen gibt ihm die Möglichkeit, sich allgemein mit der einen oder anderen Voraussetzung für den Erfolg in der Partie zu befassen.
Bei dem, was er zu sagen hat, handelt es sich weder um Geheimnisse, die endlich mal jemand ausplaudert, noch um Bahn brechende neue Erkenntnisse. Aber das, was man als Spieler irgendwo schon einmal gehört hat, fasst er im Buch zusammen und bringt es mit Vorfällen in der Praxis in Verbindung. Überwiegend beschränkt er sich auf recht allgemeine Hinweise, manchmal aber gibt er auch sehr konkrete Ratschläge. Hierzu ein Beispiel: Es ist schwer, über eine lange Partie hinweg die Konzentration zu bewahren. Leicht lässt man sich von schachfremden Dingen ablenken, besonders wenn man nicht am Zug ist. Für diesen Fall rät Gormally zum "Blindspiel". Indem man die aktuelle Brettstellung im Kopf behält und die weiteren Möglichkeiten "blind" durchdenkt, erhält man sich die Konzentration und die Spannung (Darstellung auf Seite 128).

Das Kernstück des Werkes sind aber die 37 Buchpartien, die der Leser zumindest noch nicht in einer kommentierten Fassung vorliegen haben dürfte.

Das siebte und letzte Kapitel ist einigen Aufgaben vorbehalten, die Gormally dem Leser stellt, sowie im Anschluss daran den Lösungen.

Das Buch ist mit Schulenglisch gut zu verstehen. Dies gilt nicht zuletzt auch für die eher erzählenden Teile des Werkes.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Studien für Praktiker

Mark Dvoretsky, Oleg Pervakov
Studien für Praktiker
256 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-933365-14-9
21,80 Euro




Studien für Praktiker
"Studien für Praktiker" von Mark Dvoretsky und Oleg Pervakov aus dem Jussupow Schachakademie Verlag (2009): Für die Besprechung dieses Werkes habe ich mir besonders viel Zeit genommen.
Der rote Faden dieses Buches sind natürlich die Schachstudien selbst, die einzelnen Kapitel aber erscheinen eher wie einzelne Fächer in einer Besteckschublade. Wie dort Gabeln, Messer und Löffel Bestandteile des Besteckes sind, sich aber deutlich voneinander unterscheiden, so ist es auch um die Kapitel dieses Werkes bestellt.

Im ersten Kapitel, "Studienturnier", stellt Dvoretsky die Bedeutung von Studien generell für die Entwicklung der Spielstärke heraus, gibt Hinweise zur Nutzung und natürlich zahlreiche hoch qualifizierte Beispiele an die Hand. Das Beste sind hier natürlich diese Beispiele selbst. Die Vorstellung, dass diese im Werk, einem Kunststück im Zirkus ähnlich, einfach nur vorgeführt werden, um zu unterhalten, wäre völlig abwegig. Jedes einzelne Beispiel wird von allen Seiten betrachtet, durchleuchtet, aus jedem Beispiel nimmt der konzentriert damit arbeitende Leser Wertvolles für sein eigenes Spiel mit. Ein weiterer Schwerpunkt des ersten Kapitels ist auf die Studien gelegt, die im Rahmen eines Wettbewerbs "Mark Dvoretsky - 60" von zahlreichen Teilnehmern beigetragen worden sind.

Das Kapitel 2, "Zwei Studienthemen", greift zwei exemplarische Gegenstände für Studien heraus, den Läufer im Endspiel und den Umgang mit einem eigenen Bauern oder einer eigenen Figur, die einem selbst im Wege steht. Hierzu meint Pervakov": Gewiss ist es eine schwere Aufgabe, sich nach 5-6 Stunden Spielzeit eine theoretische Stellung und vielleicht den einzigen Weg zum vollen Punkt zu erinnern. Hier müssen dann dem Schachspieler die Kenntnisse allgemeiner Methoden im fraglichen Endspiel und seine eigene Erfahrung zu Hilfe kommen. Man muss sich nicht alle einfachen theoretischen Stellungen merken, wenn man aufmerksam die grenzenlosen Möglichkeiten von Studien nutzt."
Wie wertvoll die Arbeit an Studien ist, wird durch diese Einschätzung deutlich. Indem der Spieler die Studie verinnerlicht, prägt er sich auch für das Vorkommen in der eigenen Partie ein, wie beispielsweise eine bestimmte Art von Endspiel zum Gewinn geführt wird. Sich alle Standardstellungen zu merken, dürfte für die meisten Spieler unmöglich sein. Der Gewinnweg aber geht in die eigenen Fähigkeiten über und kann dem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge helfen.

Das dritte Kapitel trägt die Überschrift "Training". Es beginnt mit einer gewaltigen Herausforderung. Dem Leser werden 35 Ausgangsdiagramme aus dem Schaffen des österreichischen Problemkünstlers Alois Wotawa zum Lösen präsentiert. Alle diese Aufgaben haben es in sich. Der Leser sollte sich intensiv mit jedem einzelnen Problem befassen, ohne dabei eine Engine mitlaufen zu lassen. Inwieweit er die Probleme korrekt gelöst hat, erfährt er im Anschluss an die einzelnen Aufgabenstellungen.
"Herausforderung zum Duelle" ist der zweite Schwerpunkt des Kapitels. Hier geht es Dvoretsky um Studien, die zum Ausspielen geeignet sind. Schüler gegen Lehrer, Freund gegen Freund, Spieler gegen Computer - diese Beispiele simulieren die Aufgabe am Wettkampfbrett. Insbesondere die Fähigkeit zur Variantenberechnung wird von diesen Übungen stark profitieren.

Das vierte Kapitel, "Von Steinitz bis Morozevich", enthält wertvolles Studienmaterial etlicher bekannter Meister des praktischen Spiels und macht ihnen mit der Darstellung auch eine kleine Aufwartung.

"Studien für Praktiker" wird mit einem festen Einband und qualifizierter Bindung ausgeliefert. Das dekorative Umschlagbild verschönert jedes Bücherregal.

In meinen Augen ist "Studien für Praktiker" ein erstklassiges Werk, das sowohl die Spielstärke klar heben wird als auch nett unterhält. Ich sehe es besonders als Werk für die kalte Jahreszeit. Lange Winterabende mögen die Zeit geben, um von dieser Spitzen-Arbeit zu profitieren. Dieses Werk verlangt Zeit! Welchen Lohn verspricht Jussupow in seiner Einleitung? "Angriff und Verteidigung, Endspiel, taktisches Sehvermögen und Variantenberechnung werden in diesem Buch stark gefördert." Nach der langen und intensiven Befassung mit diesem Werk kann ich diese Aussage nur bestätigen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Heroes of Classical Chess

Craig Pritchett
Heroes of Classical Chess
224 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-619-7
17,95 Euro




Heroes of Classical Chess
Die Reihe "Chess Secrets" von Everyman Chess ist das thematische Dach für Werke, die sich mit dem Besonderen im Schaffen der Meister im Schach befassen. Mit "Heroes of Classical Chess" ist das nächste Glied dieser Reihe auf den Markt gekommen, geschrieben von IM Craig Pritchett. Anhand von insgesamt 35 Partien wirft er ein Schlaglicht auf die Person und den Erfolg von, in dieser Reihenfolge, Akiba Rubinstein, Vassily Smyslov, Robert Fischer, Viswanathan Anand und Magnus Carlsen.

In erster Linie ist dieses Werk, so wie auch seine früher erschienenen Schwestern, eine Sammlung bemerkenswert gespielter und qualifiziert kommentierter Schachpartien, erkennbar auch unter dem Anliegen verfasst, den jeweiligen Spieler selbst zu würdigen und ihm eine kleine Ehrerbietung zu erweisen.
Die Partien sind vor allem unterhaltsam. Natürlich darf der Leser auch eine Schulung seiner Fähigkeiten im Schach erwarten, was der Rückentext anmerkt. Dieser Effekt dürfte jedoch so anzusetzen sein, wie er allgemein bei der Arbeit mit gut kommentierten Meisterpartien eintritt. In die Richtung eines klassischen Lehrbuches geht "Heroes of Classical Chess" nicht.

Ich denke, dass Craig eine Fleißarbeit abgeliefert hat. Die umfangreiche Bibliografie unterstützt diese Annahme. Die Nutzung unterschiedlichster Quellen spiegelt sich auch in den Reflektionen des Autors an zahlreichen Stellen wider, insbesondere wenn er sich mit der jeweiligen Person des Spielers befasst und auf dessen Leben eingeht.

Vor allem die Kapitel über Anand und Carlsen haben das Zeug zu einem Gewinn. Meine Einschätzung basiert dabei auch darauf, dass die darin behandelten Partien - anders als jene der früheren Meister - nicht schon oftmalig (in Buchform) veröffentlicht worden sind. Zudem vertreten sie das moderne Schachspiel und enthalten tatsächlich einiges an Neuem.

Ein Eröffnungs- und ein Spielerverzeichnis schließen das Werk ab. Der mit Schulenglisch ausgestattete Leser dürfte keine Schwierigkeiten haben, mit dem Werk zu arbeiten.

Insgesamt ist "Heroes of Classical Chess" eine gute Partiensammlung und zugleich ein Mosaikstein des Sterns, der den fünf Spielern auf dem Boulevard des Schachspiels gebührt.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

play the London system

Cyrus Lakdawala
play the London system
256 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-639-5
19,95 Euro




play the London system
Mit "play the London system" des US-amerikanischen IM Cyrus Lakdawala, erschienen bei Everyman Chess, steht dem interessierten Schachfreund ein weiteres aktuelles Werk zum weißen Partieaufbau Be4, c3 und e3, Lf4 und Sf3 zur Verfügung. Während sich aber "Das London-System" von Marcus Schmücker, ebenfalls topaktuell auf dem Markt, auf das System mit der schwarzen Erwiderung …d5 konzentriert, widmet sich Lakdawala auch den anderen Möglichkeiten des Nachziehenden. Dies wird auch schon aus den Überschriften der zehn Buchkapitel deutlich:

1. 1…d5 with an early …e6
2. 1…d5 without an early …e6
3. London versus Queen´s Indian
4. London versus Grünfeld
5. London versus Reversed Reti
6. London versus King´s Indian
7. London versus Dutch
8. London versus Benoni
9. Other Lines
10. An Inconvenient Move Order.

Die ersten beiden und das zehnte Kapitel befassen sich mit dem Spiel nach …d5, was rund 80 Seiten entspricht. Eine kurze Einführung geht allen Kapiteln voran.

Lakdawala geht den Weg, die Theorie anhand von Partiebeispielen aus der Praxis darzustellen. 20 Beispiele hat er selbst mit den weißen Steinen beigetragen. Gut gefällt mir die Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Regeln, die sich aus der gerade behandelten Partie ergeben. Sie lenkt das Verständnis des Lesers über die aktuelle Partie hinaus auf die Ebene dessen, wofür diese strategisch und taktisch steht.
Die Erläuterungen, Fragmente weiterer Partien, Analysen sowie auch die begleitenden Ratschläge erzeugen ein rundes Bild, das den Leser mit einem genügenden Tiefgang in die wichtigsten Nischen des Systems einführt.
Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen theoretischen Einordnung und einem kurzen Überblick zum folgenden Stoff.

Lakdawala verwendet keine Fernschachpartien, zumindest keine vollständigen. Es fehlt auch ein Hinweis in der Bibliografie, aus dem die Nutzung von speziellen Fernschachdaten hervorgehen könnte. Es fehlt übrigens auch Marcus Schmückers Werk in der Liste, was darauf zurückgeführt werden könnte, dass dieses im Bearbeitungszeitraum noch nicht in Englisch vorlag und im Eigenverlag vertrieben wird.

Mir persönlich gefällt die Didaktik in Schmückers Werk besser als bei Lakdawala, dafür aber bietet dieser Informationen über die Bandbreite der schwarzen Aufbauten hinweg an. Dem gegenüber wiederum wird von Schmücker der Aufbau …d5 viel tiefer und breiter behandelt.

Wer den Einsatz des Londoner Systems in Erwägung zieht, sollte sich überlegen, ob er besser beide Bücher kaufen sollte. In ihrer gegenseitigen Ergänzung bilden sie eine erstklassige und, zumindest für den Anfang, auch eine ausreichende Grundlage. Dem Fernschachspieler möchte ich ohnehin den Kauf beider Werke empfehlen. "play the London system" schließt mit einem guten Variantenverzeichnis und einem Partienverzeichnis ab. Es gibt das Werk "nur" in englischer Sprache, der mit schulenglischen Sprachkenntnissen ausgestattete Leser wird aber gut zurechtkommen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The London-System

Marcus Schmücker
The London-System
163 Seiten, kartoniert
ISBN: ohne
20 Euro (Deutsche Ausgabe)




The London-System
Abseits der etablierten Verlage machen immer wieder mal Buchprojekte auf sich aufmerksam, die das Zeug zu "kleinen Perlen" haben. Hierzu zählt auch "The London-System" von Marcus Schmücker, erschienen im Selbstverlag und ohne ISBN, erhältlich natürlich ganz normal über den Schachhandel. Wie der Titel unmissverständlich zeigt, ist das Werk in Englisch verfasst; es handelt sich um die Übersetzung der deutschen Originalausgabe aus dem Jahre 2008.

The London System, das Londoner System, bezeichnet einen weißen Aufbau nach 1.d4 d5 (insbesondere danach). Im Deutschen läuft er unter "Damenbauernspiele" mit. Er ist gekennzeichnet durch die Grundaufstellung Bd4/e3, Sf3 und Lf4. Seine Wunschformation erreicht Weiß mit der weiteren Postierung Bc3 (dies ist ein wesentlicher Unterschied zum ähnlichen, so genannten Barry-Angriff), Sd2 und Ld3. Das System fungiert als Universalwaffe, ist solide und kann ohne besonderen Aufwand erlernt werden. Wer sich dem System zuwendet, hat also wenig mit dem Auswendiglernen von Theorie zu tun.

In diesem Werk spielt Schmücker seine Stärken ausgesprochen gut aus. Er ist ein Kenner des Systems mit viel praktischer Erfahrung. Und er kann gut erklären! Ich behaupte, dass derjenige, der das System über dieses Werk in Angriff nimmt, es spielend versteht, und dies ist auch wörtlich gemeint. Schmücker macht den Leser mit allem vertraut, was man an Prinzipien, wiederkehrenden Besonderheiten und Regeln wissen muss. Dies findet nach dem Prinzip "wählt Schwarz den Aufbau mit xy, dann gehört die Figur x nach daunddort, setzt Schwarz aber mit yz fort, dann nach hieroderda". Auch die strategischen Aspekte werden für den weiten Partieausblick qualifiziert behandelt. Beispielsweise zeigt Schmücker auf, wogegen sich in einer bestimmten Stellung der weiße Angriff richtet und auf welchen Wegen er entwickelt werden kann.
Stellt er Regeln für das weiße Spiel fest, dann packt er sie hervorgehoben in eine Merkbox.

Das Büchlein enthält 46 Kapitel, in denen die "Theorie" vorgestellt wird. Schmücker verzichtet auf illustrative Partiebeispiele, was dem Wesen des Werkes vollauf entspricht. Das System ist, anders als gängige Eröffnungen, nicht weit verbreitet, seine Theorie deshalb auch noch nicht sehr weit verästelt. Es gibt keine Partiefülle, aus der, wie bei anderen Eröffnungen, gut geeignete Beispiele herausgefischt werden können.
Die auffällig hohe Zahl an Kapiteln täuscht. Schmücker hat quasi für jede Fortsetzung, die in einem Variantenverzeichnis erscheinen könnte, eine eigene Ziffer vergeben. Ein solches Verzeichnis gibt es übrigens nicht, das Inhaltsverzeichnis gleicht das Fehlen ein wenig aus.

Für mich ist "The London-System" ein sehr gut gelungenes und von viel Engagement getragenes Werk. Um das Londoner System kennen zu lernen, ist es klar zu empfehlen. Mit einem Preis von 20 Euro (für die in Deutsch verfasste Ausgabe) ist es zudem nicht zu teuer.

Inspiriert durch dieses Werk hat der Deutsche Fernschachbund e.V. ein Thematurnier ausgeschrieben, alle Partien sind darin mit der Zugfolge 1.d4 d5 2.Sf3 Sf6 3.Lf4 e6 4.e3 c5 5.Sbd2 Sc6 6.c3 Ld6 (eine Standardfolge des Systems) zu beginnen. Learning by doing, ganz im Sinne von Schmückers Werk!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

A Killer Chess Opening Repertoire

Aaron Summerscale/Sverre Johnsen
A Killer Chess Opening Repertoire
192 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906454-18-0
11,25 Euro.




A Killer Chess Opening Repertoire
Die Erwartungen, die Leser in ein Eröffnungsbuch setzen, sind sehr unterschiedlich, da sie eben die unterschiedliche Motivation vertritt, die Leser veranlasst, sich einem Werk überhaupt zuzuwenden. Zu den gegensätzlichsten Motiven zählen einerseits der Anspruch, ein weites Variantenspektrum sowie eine große Tiefe zu erhalten, um über Wissensvorteile auch aufgrund von Detailkenntnissen zu konkreten Zugfolgen und Stellungen zum Erfolg zu kommen. Dem gegenüber ist es das Ziel einer anderen Spezies von Spielern, mit möglichst wenig auszukommen, möglichst universelle Partieaufbauten kennen zu lernen und den Gegner ggf. abseits der üblichen Pfade zu eigenem Spiel zu zwingen, wobei er sich eigene Vorteile verspricht.

Die als zweites genannte Spielergruppe, aber nicht nur diese, sollte mal einen Blick auf "A Killer Chess Opening Repertoire" werfen. Dieses Werk mit dem - ich bitte um Verständnis: unmöglichen Titel (sinngemäß übersetzt): "Ein mörderisches Eröffnungsrepertoire, Ein leicht zu erlernendes Repertoire für den Schachbrett-Attentäter" - ist jüngst in einer Neubearbeitung von Sverre Johnsen erschienen, nachdem es in der Originalausgabe, geschrieben von Aaron Summerscale, erstmals 1998 auf den Markt gekommen war. Der herausgebende Verlag ist wie damals Gambit Publications von der britischen Insel.

Das Buch stellt ein Repertoire zusammen, das Weiß über 1.d4 in die Lage versetzen soll, sich schnell und mit raschem bzw. nachhaltigem Angriff zu entwickeln. Dies soll passieren, ohne dass die Basis des soliden Positionsspiels verlassen wird.

Es gibt die folgenden acht Kapitel:
1. Barry Attack
2. 150 Attack
3. Colle-Zukertort System
4. 1.d4 d5 2.Sf3: Beating the Anti-Colle Systems
5. Classical Queen´s Indian
6. Anti-Benoni
7. Anti-Dutch 2. Lg5
8. Odds and Ends

Die drei wichtigsten Aufbauten dürften die Nummern 1 bis 3 sein. Der Barry-Angriff, für den es im Deutschen keine eigene spezielle Sprachentsprechung gibt, geht von der folgenden weißen Anfangsstellung aus: Bd4/e3, Sc3/f3, Le2/f4. Sie wird somit nach schnellstens sechs Zügen erreicht. Der Name soll von "Barry", was umgangssprachlich so viel wie "Müll" heißt, herrühren, schreibt das System also keinem imaginären Spieler "Barry" zu. Anhand von Partien wird das System behandelt und, wie ich finde, sehr engagiert und verständlich erklärt. Dieses Urteil, das die Art der Bearbeitung betrifft, gilt übrigens auch für die Folgekapitel. Gespielt wurden die Beispiele ganz überwiegend von namhaften Spielern. Hebden ist mit Abstand am häufigsten vertreten.

Fast einen legendären Ruf hat der im englischen Sprachraum 150-Angriff genannte Aufbau. Der ungewöhnliche Name soll davon abgeleitet sein, dass dieser Aufbau im Brettschach gern von mittelstarken Spielern gewählt wird. 150 nach englischem Rating entspricht einer ELO-Zahl von ca. 1800.
Die thematische Grundstellung sieht wie folgt aus: Bd4/e4, Sc3/f3, Le3. Wenn Schwarz Pirc oder die Moderne Verteidigung anstrebt, kann Weiß mit diesem System kontern und dem Nachziehenden mehr oder weniger nachdrücklich seinen Willen aufzwingen. Die Popularität in den unteren Spielklassen bedeutet nicht, dass nicht auch die "High Society" des Schachs hin und wieder darauf zurückgegriffen hat. Leko und Khalifman werden mit ihren Partien abgebildet.

Zum Colle-Zukertort-System (oft auch nur Colle-System genannt) muss wahrscheinlich nicht viel in Sachen Aufbau geschrieben werden, da es auch in Deutschland gut bekannt ist.

Kurz noch die Einleitungszüge zu den weiteren Kapiteln, soweit sie sich nicht schon aus den Kapitelüberschriften ergeben:
Kapitel 4: 1.d4 d5 2.Sf3
Kapitel 6: 1.d4 Sf6 2.Sf3 c5 3.d5
Kapitel 7: 1.d4 f5 2.Lg5
Kapitel 8: alles andere nach 1.d4, soweit "unregelmäßig".

Nach meiner Einschätzung ist das Repertoire, das dem Weißspieler mit seinem Anzug mit 1.d4 angeboten wird, eine runde Sache. Es wird ihm möglich, ohne breite Theoriekenntnisse in die Partie zu gehen. Dies bedeutet: Unabhängig davon, wie Schwarz erwidert, wird Weiß in dem ihm bekannten Gewässer der Aufbauten nach diesem Buch schippern können. Er kommt ohne das tiefe Studium von Damengambit, Königsindisch und wie die Standarderöffnungen alle heißen, aus. Allerdings muss ihm dabei bewusst sein, dass er mit "Allroundern" in der Eröffnung auch bestimmte Abstriche hinnehmen muss. Diese sind insbesondere darin zu sehen, dass er von vornherein nicht den Vorteil anstrebt, den eine ausgeklügelte Spezialvariante in einem gängigen Eröffnungssystem verspricht. Dem versierten Praktiker, der aber irgendwie gut in die Partie kommen will, um dann im Vertrauen auf seine eigenen Fähigkeiten in etwa chancengleich mit dem Gegner zu spielen, wird dies egal sein.

Im Fernschach dürfte der Hauptgrund, die Eröffnung aus einer für den Nachschachspieler skizzierten Motivation heraus abseits der Hauptvarianten zu spielen, weniger bedeutsam sein. Der Fernschachspieler muss die breite Theorie nicht im Kopf haben, er kann sie über Bücher und Datenbanken in die Partie einbringen. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch keinen zwingenden Grund gegen die Wahl der Nebenlinien, sofern sie denn nicht als klar unkorrekt gelten. Der gute Weißspieler, der den Barry-Angriff, den 150-Angriff usw. spielt, will auch erst einmal von seinem Gegner geschlagen sein. Bei der Solidität der in "A Killer Chess Opening Repertoire" beschriebenen Eröffnungen dürfte dies für den Nachziehenden immer eine echte Aufgabe sein!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Opening for White according to Anand 1.e4 - 13

Alexander Khalifman
Opening for White according to Anand 1.e4 - 13
380 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-954-8782-78-4
27,95 Euro.




Opening for White according to Anand 1.e4 - 13
Jüngst auf den Markt gekommen ist der Band 13 aus der Serie "Opening for White according to Anand 1.e4" des Chess Stars-Verlags. Autor Alexander Khalifman und sein Team behandeln darin auf fast 400 Seiten die Scheveninger Variante (1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e6) und, ganz überwiegend, die Najdorf-Variante 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6) der Sizilianischen Verteidigung. Die Kombination dieser beiden Systeme in einem Buch begründet Khalifman sehr plausibel im Vorwort. Gegen den schwarzen Aufbau in der Najdorf-Variante empfiehlt er dem Weißen die Aufstellung mit Le3/f2/Dd2 /Englischer Angriff). Genau diesen Plan empfiehlt er auch gegen die Scheveninger Variante. Wenn Schwarz dann bald den Standardzug Ba6 folgen lässt, wird das Spiel in den Englischen Angriff übergehen. Verzichtet er darauf, wird er nach der Einschätzung des Autors Probleme beim Streben nach Ausgleich haben. Für den Leser begründet dieses Vorgehen die Hoffnung, mit ähnlichen Strukturen vertraut werden zu können und Erfahrung sammeln zu können, die sich durch eine geringere "Streuung" intensivieren lässt.

Das Werk ist in drei Abschnitte unterteilt. Zunächst wird die Scheveninger Variante untersucht, was auf rund 20 Seiten passiert. Dem schließt sich der Englische Angriff mit b7-b5 an, der Englische Angriff ohne b7-b5 bildet den Abschluss.

Die Erörterungen insbesondere in den Abschnitten zwei und 3 gehen bemerkenswert in die Tiefe. Aus der Sicht des Fernschachspielers ist dies ein bedeutendes Qualitätsmerkmal. Mit diesem Werk in der Hand kann er mit breiter Brust in die Partie gehen; ob als An- oder als Nachziehender kann er darauf vertrauen, in keine systemrelevante Stellung zu kommen, in der wichtige logische Züge ohne Ratschlag zu spielen sind.
Die Kommentierung setzt sehr darauf, die Urteile und Empfehlungen für den Leser nachvollziehbar zu machen. Ihm wird regelmäßig nicht einfach nur vorgesetzt, dass dieser oder jener Zug besser oder schlechter ist, sondern begründet. Ziele, Pläne, taktische Klippen etc. werden dargestellt. Dies gilt auch für die Analysen neben den Hauptlinien; wie wichtig dem Autor die Vollständigkeit der Darstellung ist, mag auch daran deutlich werden, dass manche Buch-Doppelseiten nicht einen einzigen Zug der Hauptvariante enthalten.

Leider ist es für die Bücher dieser Serie typisch, dass sie kein Quellenverzeichnis enthalten. Dies erschwert das Urteil zur Aktualität und zur Materialbreite, auf die gesetzt worden ist. Das Vorliegende Werk hat das Urteil in diesen Fragen nicht zu scheuen. Die Angaben zu Partien, aus denen eine Anleihe genommen worden ist, bestätigen die Aufnahme von Material, zu dem es teilweise erst jüngst gekommen ist. Sehr positiv aufgefallen ist mir die alles andere als seltene Bezugnahme auf Fernpartien. Dies bestätigt eine qualifizierte Auswertung auch dessen, was im Fernschach mit theoretischer Relevanz gespielt worden ist. Zahlreiche Aktive haben ihre referenzierten Partien in Turnieren des Deutschen Fernschachbundes gespielt.

Das Werk verzichtet völlig auf die Abbildung kompletter Partien, der gesamte redaktionelle Raum ist der theoretischen Darstellung vorbehalten. Es ist in Englisch verfasst, mit schulenglischen Sprachkenntnissen aber problemlos zu verstehen.
Ein detailliertes Variantenverzeichnis am Buchende erlaubt dem Leser das gezielte Aufsuchen der ihn gerade interessierten Theorieinhalte.

Für mich hat "Opening for White according to Anand 1.e4 Band 13" das Zeug zum Standardwerk für den Spieler, der mit möglichst einem einzigen Buch zu den behandelten Eröffnungssystemen auskommen möchte, das ihm dem entsprechend viel bieten muss.
Ich gebe eine glatte Kaufempfehlung ab.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

How To Win At Chess - Quickly!

Simon Williams
How To Win At Chess - Quickly!
192 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-631-9
18,50 Euro.




How To Win At Chess - Quickly!
"How To Win At Chess - Quickly!" von GM Simon Williams, erschienen bei Everyman Chess, ist eine thematische Sammlung von Kurzpartien, die allesamt spätestens mit dem 25. Zug entschieden worden sind. 50 Partien, die älteste aus 1912 und die jüngsten aus 2009, deskriptiv kommentiert und zurückhaltend mit Varianten versehen, sollen unterhalten und lehren. Das Buch soll dabei helfen, frühe Fehler des Gegners zu erkennen und auszunutzen sowie eigene derartige Fehler zu vermeiden.

Die Partien sind den folgenden neun Kapiteln zugeordnet (sinngemäß ins Deutsche übersetzt):

1. Der ungeschützte König
2. Ausnutzung eines Entwicklungsvorsprungs
3. Bauernklau bestrafen
4. Gambitspiel
5. Spiel zielgerichtet!
6. Knoten im Spiel
7. Die Gefahr vermissen
8. Unnötige Bauernzüge
9. Die Superkraft des h-Bauern.

Dem entsprechend kategorisiert sind die Besonderheiten der jeweils enthaltenen Partien, auf die der Autor aufmerksam machen will. Lehren, die der Leser ziehen soll, werden sowohl in der Einleitung formuliert als auch - mit Appellcharakter - am Ende der einzelnen Kapitel. Inhaltlich sind sie sehr allgemein gehalten und betreffen überwiegend Grundweisheiten wie "Übereil deine Züge nicht!" und "Mach deinem Gegner das Leben schwer, nicht leicht!"

Ein Eröffnungsindex und ein Partienverzeichnis schließen das in Englisch verfasste, mit schulenglischen Sprachkenntnissen aber problemlos zu verstehende Werk ab.

Bei der Bewertung des Gewinns, den das Werk dem Leser verspricht, möchte ich differenzieren. Der noch nicht allzu erfahrene Spieler erhält interessante, unterhaltsame Partien und Hinweise, das eigene Spiel zu verbessern. Der gute Vereinsspieler wird mit den Partien gut bedient, auch wenn er einige von ihnen aufgrund des Alters schon anderswo erhalten haben dürfte, während er nicht viel Neues lernen dürfte.

Ein in erster Linie unterhaltsames Werk!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

beating 1 e4 e5

John Emms
beating 1 e4 e5
223 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-617-3
18,95 Euro.




beating 1 e4 e5
Ein Repertoirebuch zur Italienischen Partie und zum Läuferspiel verbirgt sich hinter dem Titel "beating 1e4 e5, a repertoire for White in the Open Games" von John Emms, erschienen bei Everyman Chess. Es widmet sich somit den Standardzugfolgen 1.e4 e5 Sf3 Sc6 3.Lc4 sowie 1.e4 e5 2.Lc4. Diese Kombination beider Eröffnungen in einem Buch macht Sinn. Indem Weiß über das Vorziehen des Läuferzugs im Läuferspiel die Italienische Partie zu erreichen versucht, geht er der Russischen Verteidigung aus dem Weg und bekommt eine bessere Aussicht, den angestrebten Eröffnungstypus tatsächlich auf das Brett zu bekommen.

Der sehr allgemein gehaltene Titel, der auf die Namen der konkret behandelten Eröffnungen verzichtet, dient leider eher der Verwirrung des gesuchten Kunden statt der Produktinformation. So müssen sich Autor und Verlag nicht wundern, wenn ein vorsichtiger Verdacht aufkommt, dass man der Zugkraft der beiden Eröffnungen nicht genügend vertraut hat, um sie im Titel konkret zu bezeichnen. Wer sich das Buch in der falschen Vorstellung kauft, ein breites Repertoire für die offenen Eröffnungen an sich zu erhalten, dürfte anschließend unzufrieden sein, was sicher auch nicht im Sinne der Leistungsanbieter sein dürfte.

"beating 1e4 e5" enthält 6 Kapitel mit den folgenden Überschriften/Inhalten:

1. Italian Game: Moder Variation (Part I)
2. Italian Game: Moder Variation (Part II)
3. Italian Game: Classical Main Line
4. Italian Game: Two Knights Defence
5. Italian Game: Other Lines
6. Bishop´s Opening.

Aus der Aufstellung wird deutlich, dass sich 5 Kapitel mit der Italienischen Partie befassen, während ein Kapitel die Empfehlungen zum Läuferspiel enthält.

Die theoretische Befassung erfolgt an ausgewählten Partien. Der ersten Partie des jeweiligen Kapitels ist eine kurze Einleitung vorangestellt, die auf die verschiedenen Optionen eingeht und als kleiner Wegweiser durch die sich anschließenden Partien fungiert. In den sogenannten "Key Notes" wird in einer Zusammenfassung noch einmal auf die wesentlichen Aspekte hingewiesen.
Insgesamt sind 46 Partien die Basis der Betrachtungen, von denen zwei im Fernschach gespielt worden sind. Das verwendete Material ist aktuell, nur fünf Partien wurden - überwiegend kurz - vor unserem Jahrtausend gespielt.
Die Darstellungen machen einen "runden Eindruck", die Tiefe der Betrachtung ist einem Repertoirebuch angemessen.
Innerhalb eines Jahres können zwei kostenlose Updates von der Verlagsseite im Internet bezogen werden.

Am Ende des Werkes findet der Leser ein Variantenverzeichnis und ein Partienverzeichnis.

Englischkenntnisse müssen vorhanden sein, die Anforderungen hieran sind für Leser mit Schulenglisch zu bewältigen.

Fazit: Wer sich ein Repertoire zur Italienischen Partie und zum Läuferspiel aufbauen möchte, erhält mit "beating 1e4 e5, a repertoire for White in the Open Games" ein geeignetes Hilfsmittel an die Hand.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Dismantling The Sicilian

Jesus de la Villa
Dismantling The Sicilian
336 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-90-5691-294-9
23,95 Euro.




Dismantling The Sicilian
Seit Ende 2009 ist das Werk "Dismantling the Sicilian" von "New in Chess" auf dem Markt. Geschrieben worden ist es vom spanischen Großmeister Jesus de la Villa.
Wörtlich übersetzt heißt das auf der Stammform "to dismantle" basierende "dismantling" so viel wie "zerlegen, demontieren, auseinandernehmen", was wohl arg reißerisch und sicher auch illusionär wäre. Treffender und nach einem tiefen Befassen mit dem Werk gerechtfertigt scheint mir eine Übersetzung wie "Dem Sizilianer den Zahn ziehen" oder "Mit Weiß auf Vorteil gegen Sizilianisch spielen" zu sein.

Die vorliegende Rezension habe ich wie folgt vorbereitet:
1. Betrachtung des Werkes in seiner Gesamtheit (regelmäßiges Rezensionsverfahren)
2. Einsatz in einer aktuellen Fernschachpartie
3. Prüfung jüngst gespielter eigener Partien retrospektiv anhand der Empfehlungen dieses Buches.

Jesus de la Villa behandelt alle Linien der offenen Sizilianischen Verteidigung (1.e4 c5 2.Sf3). Zu seinen obersten Prinzipien bei der Zusammenstellung des Repertoires zählt es, eine aussichtsreiche weiße Stellung zu erreichen, möglichst ohne hierfür eigene Schwächungen in Kauf zu nehmen.
"Dismantling the Sicilian" ist ein anspruchsvolles Werk. Zu seinen bemerkenswerten Stärken zählt auch die sehr gelungene Strukturierung. Der Autor stellt den Stoff anhand von Partien vor. Er schafft es aber, dem Leser jederzeit die Orientierung zu geben, wo genau er die Fortsetzung findet, die in der gerade aufgeschlagenen Partie nicht gewählt worden ist. So stellt sich zu keinem Zeitpunkt ein Gefühl ein, nach dem man sich als Leser in Beispielen verzettelt und die gesuchte Fortsetzung in anderen Partien ähnlich einer Nadel im Heuhaufen suchen zu müssen. Persönlich behagen mir eigentlich Theoriewerke mehr, in denen eine klassische und fein gegliederte theoretische Behandlung vorangestellt wird und dann Partien folgen. In diesem Werk aber habe ich eine ebenso gute Gliederung durch die Partien vorgefunden. Ein ausgezeichnetes Variantenverzeichnis am Schluss des Buches tut ein Übriges.
"Dismantling the Sicilian" ist in vier große Abschnitte unterteilt, die dann in den einzelnen Kapiteln die spezifisch behandelten Systeme enthalten. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Einführung, in denen der Autor etwas zur Geschichte der Variante erzählt, Protagonisten erwähnt und, vor allem, auf die strategischen und taktischen Besonderheiten hinweist. Zusätzlich erwähnenswert ist sein Hinweis auf die praktische Relevanz der vorgestellten Variante, die er mit Sternchen beschreibt (5 Sterne bestätigen eine besonders hohe Bedeutung). Die Einschätzung nimmt er dem Sinn des Werkes entsprechend aus der Sicht des Anziehenden vor.
Die theoretische Darstellung ist aus meiner Sicht anspruchsvoll, sie ist auf jeden Fall sehr qualifiziert. Man erkennt, dass sich der Autor sehr umfassend mit der Materie befasst hat, bevor diese eine Chance auf die Aufnahme ins Werk hatte. In einer anderen Rezension las ich die Befürchtung des Verfassers, das Werk könnte Leser mit einer mäßigen Spielstärke bei der Zusammenstellung des eigenen Repertoires überfordern. Diese Befürchtung teile ich nicht. "Dismantling the Sicilian" zeichnet sich auch dadurch aus, dass der Autor viel Wert auf ein Erklären legt. Schon beim schlichten "Lesen von vorne nach hinten" wird dem Leser eine Einschätzung ermöglicht, was für ihn besonders eine Befassung wert ist, was ihm liegen könnte oder nicht. Auch der oben schon erwähnte Hinweis zur praktischen Relevanz hilft ihm.
Für den Fernschachspieler stellt sich diese Problematik ohnehin nicht oder allenfalls nachrangig. Er kann die Wahl seiner bevorzugten Variante, seiner Fortsetzung darin ohnehin mit der Zeit und Muße des Fernschachspiels vornehmen und das Hilfsmittel Buch dabei fortwährend zur Hand nehmen.
Am Schluss jedes Kapitels gibt der Autor eine Zusammenfassung innerhalb einer grau hinterlegten Textbox. Hier werden auch noch einmal die wichtigsten Zugfolgen zusammengestellt und mit einer Einschätzung versehen (beispielsweise "riskant", "spekulativ", "solide" oder auch "gefährlich für beide Spieler").

Den Einsatz in einer aktuellen Fernschachpartie habe ich in einem Aufeinandertreffen getestet, in dem mir mein Gegner die Najdorf-Variante vorsetzte. Ich bin den Buchempfehlungen gefolgt, kritisch begleitend habe ich meine Datenbanken ausgewertet und an mehreren Stellen auch Engines befragt. Ich habe dabei einen ausgesprochen positiven Eindruck gewonnen. Am Ende der Behandlung im Buch angekommen habe ich eine Stellung auf dem Brett, die mir zusagt. Der Computer "ist zufrieden damit", was sich aus der Statistik der Datenbankauswertung wie auch einer Stellungsbewertung durch die Engine ergibt. Ich habe druckvolles Spiel und musste hierfür keine besondere Schwächung in Kauf nehmen, was dem oben genannten Ziel des Autors entspricht. In dieser Partie ist der Najdorf-Verteidigung zumindest ein kleiner Zahn gezogen werden. Wenn sie verloren gehen sollte, lag es ganz sicher nicht an meiner Behandlung der Eröffnung.

Meinem Ansatz, jüngst gespielte eigene Partien retrospektiv anhand der Empfehlungen dieses Buches zu prüfen, bin ich zur Pelikan-Variante (auch Sveshnikov-Variante genannt) gefolgt, der das 8. Buchkapitel gewidmet ist. Diese Variante hatte ich in den vergangenen Wochen gleich mehrfach mit Weiß auf dem Brett und habe sie aufgrund neuer Erfahrungen auch selbst eingesetzt.
Im frühestens 19. Zug hätte mir de la Villa einen anderen Zug empfohlen. Aus meinen Partieerfahrungen heraus würde ich durchaus an meiner eigenen Fortsetzung festhalten, die im Buch aber nicht erwähnt wird. Für die von mir gewählte Fortsetzung sind mir nur 7 Referenzpartien bekannt, die allesamt im Fernschach gespielt worden sind. Das Werk enthält leider kein Quellenverzeichnis, so dass nicht abgeschätzt werden kann, inwieweit der Autor auf spezielle Fernschachquellen zurückgegriffen hat. Es finden sich Verweise auf das Fernschach im Werk, die sich aber aus den allgemeinen Quellen ergeben haben können.
Die Fortsetzung, die de la Ville anstelle meines genannten 19. Zuges gibt, ist häufiger gespielt worden und verspricht Weiß ein ähnlich gutes Spiel.

In der Gesamtbewertung ist "Dismantling the Sicilian" eine klare Kaufempfehlung. Dies gilt besonders auch für den Fernschachspieler, für den die englische Sprache keine Hürde ist.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Modern Philidor Defence

Vladimir Barsky
The Modern Philidor Defence
224 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-954-8782-77-7
24,95 Euro.




The Modern Philidor Defence
Wir leben in einer Zeit der Renaissance alter Eröffnungen, auch solcher, die über lange Jahre als nicht angeraten galten. Zu diesen Eröffnungen der "2. Wahl" war sicher auch die Philidor-Verteidigung zu zählen, die nach 1.e4 e5 2.Sf3 d6 auf dem Brett erscheint. 2…d6 galt als unambitioniert und somit als Zugeständnis an Weiß, mit einem Vorteil aus der Eröffnung zu kommen.
Mit seinem Repertoirebuch "The Modern Philidor Defence" macht sich IM Vladimir Barsky an die Aufgabe, der Renaissance auch dieser Eröffnung Schub zu geben.

Warum der Name "Modern Philidor Defence"? Die klassische Zugfolge mit 1…e5 und 2…d6 wird vermieden, der Bauernaufzug e5 wird verzögert. Die moderne Linie entsteht über 1.e4 d6 2.d4 Sf6. Auf dem Weg zur Philidor-Stellung kann das Spiel in andere Eröffnungen übergehen, vor allem in Pirc-Ufimzew.

"The Modern Philidor Defence" ist ein Repertoirebuch aus der Sicht von Schwarz, aber auch Weiß kann natürlich von ihm profitieren. Dies gilt besonders für das dritte Kapitel, das sich einer von Weiß forcierbaren Grundaufstellung mit einem Damentausch im 5. Zug widmet, der Schwarz die Rochademöglichkeit nimmt. Diese Variante zählt sicherlich zu den kritischen Linien der Modernen Philidor-Verteidigung.

Das Werk enthält sieben Kapitel, denen eine ausgezeichnete Einführung vorangeht. Barsky nutzt die Einführung imposant für grundlegende Erwägungen, die den Leser schnell zum Wesentlichen führen. Hat man die Einführung hinter sich, macht man im Gefühl zu wissen weiter, worum es insgesamt geht, und ist entsprechend gut vorbereitet auf mehr.

Die einzelnen Kapitel sind so aufgebaut, wie man es von Repertoirebüchern aus dem Hause Chess Stars kennt. Einen ersten Abriss gibt "Quick Repertoire", die tiefe Behandlung folgt unter "Step by Step". Den Abschluss bilden kommentierte Partien.

Für mich ist "The Modern Philidor Defence" ein Paradebeispiel dafür, wie ein Autor versucht, den Leser eine Eröffnung wirklich zu lehren, d.h. ihn die Eröffnung verstehen zu lassen. Was verlangt die Stellung, welchem Zweck dient der Zug xy, welches sind die Ziele des Gegners? Barsky erklärt, beschreibt, wägt ab - er spielt alle Stärken einer solchen Herangehensweise aus.
Variantenketten bilden die Ausnahme. Die wichtigsten Nebenwege werden natürlich behandelt, aber nicht in einer Weise, dass Zug um Zug mit Abweichung, nächster Abweichung und übernächster Abweichung etc. gearbeitet wird. Es gibt kaum Schachtelungen bis in tiefere Ebenen hinein.
Aus der Sicht des Fernschachspielers: Aus "The Modern Philidor Defence" kann nur nachrangig in die eigene Partie "abgeschrieben" werden, es sei denn, beide Spiele halten sich in etwa an die Hauptlinien. Es kann aber die Richtung verstanden und dann nach geeigneten Zügen in den Datenbanken gesucht werden. Die Symbiose aus eigenem Verstand, Buch und Datenbank und mit Fortschreiten der Partie auch der Engine wird von diesem Buch in die Richtung "Verstand" gestärkt.

Der Profit des Spielers durch "The Modern Philidor Defence" wird für das Nahschach deutlicher als für das Fernschach. "Die Eröffnung durch Verstehen lernen" hilft am Brett, sie einfach und ohne Hilfsmittel zu spielen.
Ob man dem im Buch gegebenen Rat folgen sollte, sich zunächst auf die zusammenfassenden Darstellungen in den Kapiteln und die kommentierten Partien zu konzentrieren und nach deren Behandlung die ersten (Freundschafts-) Partien zu spielen, sei dahingestellt.

Ein Variantenverzeichnis gibt es nicht, das Inhaltsverzeichnis gleicht dies - allerdings nur rudimentär - aus. Auch wäre ein Verzeichnis der insgesamt 50 enthaltenen kommentierten Partien eine Bereicherung gewesen.

Unter den Schwarzspielern taucht mit Bologan mehrfach ein ausgewiesener Angriffsspieler in den Partien auf. Vielleicht auch ein kleiner Hinweis auf das in der Modernen Philidorverteidigung verborgene Potenzial?

Die Anforderungen an die englischen Sprachkenntnisse des Lesers sind gering, was besonders für das auf die üblichen Begriffe beschränkte Vokabular gilt.

"The Modern Philidor Defence" ist ein gutes Buch!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin

John Shaw, Jacob Aagaard (Herausgeber)
Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin
240 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906552-20-6 (Hardcover: 978-1-906552-21-3)
21,99 Euro.




Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin
Mit "Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin" setzt Quality Chess einen weiteren Eckstein zum Erhalt alter Meisterwerke. Das Buch ist eine Sammlung von Beiträgen Suetins zur Schachtheorie. Es leistet diesen großen Beitrag zum Erhalt der "Schachweisheit" dieses großen Meisters der sowjetischen Schachschule, ist zugleich aber auch ein hoch qualifiziertes Lehrbuch. "Aus der Geschichte lernen" ist ein wohl bekannter Wahlspruch für (fast) alle Lebenslagen. Wo wäre er angebrachter als im Schachspiel? Das heutige Spielverständnis ist auch das Resultat der Anschauungen, des Verständnisses, des Wissens, der Ideen und der Auseinandersetzungen in der Vergangenheit. Es ist weiterhin das Resultat der Erfahrungen aus der Praxis und jüngst auch der Rechengenauigkeit der Computer.
"Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin" ist sowohl Vergangenheit wie auch Gegenwart. Wie viel Vergangenheit lebt im heutigen Schachverständnis fort? Es ist immens viel, der größte Anteil von allem. Das, was Suetin in seinem Schaffen formuliert hat, gilt auch heute noch, ist auch heute noch feinste Schachtheorie und beste Grundlage für das eigene gute Spiel. Dies wird schon aus den Überschriften der Buchkapitel deutlich. Frei übersetzt lauten sie:
1. Grundsätzliche Fragen aus Strategie und Taktik
2. Das Schachspiel als einheitlicher Prozess des Kampfes
3. Grundlagen des Positionsspiels
4. Das Zentrum - typische Bauernstrukturen
5. Die Dynamik im Schachkampf
6. Modernes Positionsspiel
7. Der Angriff - Einheit aus Strategie und taktischen Methoden
8. Methoden der Verteidigung - Wechsel von der Verteidigung zum Angriff.

Ein Appendix nimmt Anleihen aus dem Buch "Das Mittelspiel im Schach" auf und nimmt nahtlos den Faden aus den vorangegangenen Kapiteln auf. Den Abschluss bildet eine Nachbetrachtung von Ilya Odessky zur Frage, wie Suetins Ideen auch in unserer Gegenwart erfolgreich wirken.
Man sieht, dass die Themen heute so aktuell sind wie früher.
Der Einfluss des Computers auf die Schacherkenntnis hat sich nach der Zeit ergeben, in der Suetin seine großen Beiträge zur Schachtheorie geleistet hat. Auch ist die Praxis vorangeschritten und hat Neues beigetragen. Dem tragen die Bearbeiter Rechnung, indem manchen Ortes Anmerkungen zur aktuellen Einschätzung/Bewertung gegeben werden. Diese Aktualisierungen sind keine Korrekturen, es sind Erweiterungen. Sie qualifizieren ein in meinen Augen bereits hervorragendes Werk um eine weitere Nuance. Ihre Zahl ist gering, was sowohl den geringen Bedarf auf wichtige Ergänzungen zeigt als auch den "historischen" Wert des Buches in keiner Weise stört.

Mir persönlich ist es immer wieder eine große Freude, Werke großer Meister wiederbelebt zu finden. "Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin" ist aktuelles Lehrbuch, ein Blick in die Geschichte und ein Brückenschlag zwischen Gegenwart und Vergangenheit zugleich, was Suetins großen Beitrag zur Schachentwicklung unterstreicht.
Welchen Profit kann der Spieler ziehen, der sich allein auf das Potenzial eines Buches zur Steigerung der eigenen schachlichen Fähigkeiten konzentriert? Das konzentrierte Durcharbeiten dieses Werkes macht aus einem guten Spieler einen besseren und aus einem planlosen Spieler einen Schachdenker!

"Soviet Chess Strategy by Alexey Suetin" ist eine klare Kaufempfehlung. Über Schulenglisch sollte der Leser verfügen, damit er wirlich ein solcher sein kann.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Grandmaster Repertoire: The Caro-Kann

Lars Schandorff
Grandmaster Repertoire: The Caro-Kann
251 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906552-56-5 (Hardcover: 978-1-906552-60-2)
24,99 Euro.




Grandmaster Repertoire: The Caro-Kann
Caro-Kann galt über Jahrzehnte hinweg als eine nicht allzu ambitionierte Alternative des Nachziehenden gegen 1.e4. Im Vorwort zu seinem Buch "The Caro-Kann" aus der Reihe "Grandmaster Repertoire" von Quality Chess führt GM Lars Schandorff dies auch darauf zurück, dass die Eröffnung die falschen Leuten anzog. Diese waren auf Ausgleich als Ziel all ihres Strebens in der Partie aus und nahmen den Stellungen jedes Leben. Mit Leuten wie Topalov, Anand und Ivanchuk, die sich dieser Waffe bedienen, hat sich diese Situation völlig geändert. Sie sind nicht auf einen schnellen Händedruck nach Remiseinigung aus, sie wollen mit Caro-Kann gewinnen.

Dem Gedanken der Buchreihe "Grandmaster Repertoire" folgend hat Schandorff ein Repertoire zusammengestellt, dass in den Hauptlinien Schwarz Erfolg verspricht. Geschrieben worden ist das Werk aus der Sicht von Schwarz, aber es ist natürlich auch für Weiß gedacht, der dem Spiel des Nachziehenden die besten eigenen Möglichkeiten entgegen halten soll.

Bei diesem Werk scheint es mir angeraten, den Inhalt an den behandelten Zugfolgen darzustellen, da die Namen behandelter Abspiele im Deutschen nicht immer dem Englischen entsprechen.
Es gibt 22 Kapitel, die wie folgt eingeleitet werden:

Kapitel 1: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5
Kapitel 2: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6
Kapitel 3: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.Lc4 e6 7.S1e2 Sf6
Kapitel 4: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.h4 h6
Kapitel 5: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.h4 h6 7.Sf3 Sd7 8.h5 Lh7 9.Ld3 Lxd3 10.Dxd3 e6 11.Ld2 Sgf6 12.0-0-0 Le7
Kapitel 6: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.h4 h6 7.Sf3 Sd7 8.h5 Lh7 9.Ld3 Lxd3 10.Dxd3 e6 11.Lf4 Da5+
Kapitel 7: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.h4 h6 7.Sf3 Sd7 8.h5 Lh7 9.Ld3 Lxd3 10.Dxd3 e6 11.Lf4 Da5+ 12.Ld2 Lb4
Kapitel 8: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.h4 h6 7.Sf3 Sd7 8.h5 Lh7 9.Ld3 Lxd3 10.Dxd3 e6 11.Lf4 Da5+ 12.Ld2 Lb4 13.c3 Le7 14.c4 Dc7
Kapitel 9: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 (mit 4.g4, 4.f4, 4.Ld3 und 4.Se2)
Kapitel 10: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 (mit 4.c4 und 4.h4)
Kapitel 11: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 (mit 4.c3, 4.Le3, 4.Sd2 und 4.Sf3)
Kapitel 12: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 4.Sf3 e6 5.Le2 c5
Kapitel 13: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 4.Sc3 e6 5.g4 Lg6 6.Sge2 c5
Kapitel 14: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.c4 Sf6 5.Sc3 Sc6
Kapitel 15: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.c4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Sf3 Lg4 7.cxd5 Sxd5 8.Db3 Lxf3 9.gxf3 e6 10.Dxb7 Sxd4 11.Lb5+ Sxb5 12.Dc6+ Ke7 13.Dxb5 Dd7 14.Sxd5+ Dxd5
Kapitel 16: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.c4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Lg5 dxc4
Kapitel 17: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.cxd5 Sf6
Kapitel 18: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.Ld3 Sc6 5.c3 Dc7
Kapitel 19: 1.e4 c6 2.d4 d5 3.f3 dxe4 4.fxe4 e5 5.Sf3 Lg4 6.Lc4 Sd7 7.0-0 Sgf6 8.c3 Ld6
Kapitel 20: 1.e4 c6 2.Sc3 d5 3.Sf3 Lg4 4.h3 Lxf3 5.Dxf3 e6
Kapitel 21: 1.e4 c6 2.d3 d5 3.Sd2 e5 4.Sgf3 Ld6
Kapitel 22: 1.e4 c6 (mit frühen Abweichungen).

Mit dem 19. Kapitel trägt Schlandorff der Beobachtung Rechnung, dass 3.f3 in manchen Kreisen ein wenig zur Modevariante avanciert, auch wenn er diese Fortsetzung dem Weißen wohl kaum empfehlen würde. Er betrachtet aber alles vornehmlich aus der Sicht von Schwarz und deshalb darf diese Variante nicht fehlen, denn Schwarz kann sie schlicht vom Anziehenden vorgesetzt bekommen.

Schlandorff führt die Abspiele jeweils zunächst ein und veranschaulicht einige Fortsetzungen anhand von kommentierten Partien, von denen insgesamt fünf aus dem Fernschach stammen. Die theoretische Darstellung ist in meinen Augen hoch qualifiziert. Sie geht ausreichend in die Tiefe und vor allem bemüht sich der Autor sehr darum, dem Leser verständlich zu machen, warum dies passiert und jenes besser nicht passieren sollte. Er zeigt die Ziele und Pläne auf, widmet sich also intensiv auch den strategischen Aspekten, auf deren Basis er die taktische Seite behandelt.

Mit großem Interesse habe ich dieses Buch gleich nach dem Erhalt in die Hand genommen. Ich wollte gern wissen, ob ich einen Zug finde, den mir in einer aktuellen Partie mein die schwarzen Steine führender Gegner präsentiert hat und der letztendlich zu einem leichten Vorteil für ihn führte. Nach 1. e4 c6 2. d4 d5 3. e5 Lf5 4. Sf3 e6 5. Le2 c5 6. Le3 aber wird 6…Sd7 nicht behandelt. Schlandorff schlägt stattdessen 6…cxd4 (oder 6…Db6) vor. Folglich muss ich davon ausgehen, dass er den Partiezug als schwächer ansieht und ich froh sein kann, dass mein Gegner die Alternativen nicht gekannt oder verworfen hat. Aber ich habe in der Partie eben weiß! Ein Repertoirebuch ist keine Komplettdarstellung einer Eröffnung. Es ist eine subjektive Auswahl des Autors, die er zum Gegenstand der Betrachtung macht.
Die Auswahl in "Grandmaster Repertoire: The Caro-Kann" ist für mich, soweit ich dies prüfen konnte, sehr sinnig getroffen. Mir ist nichts aufgefallen, was Weiß dem Nachziehenden präsentieren kann und was diesen auf keinen Fall überraschen darf, weil es sich eben um eine aussichtsreiche Alternative handelt.

Insgesamt kann ich dieses Werk klar zum Kauf empfehlen. Es fügt sich nahtlos in die Reihe der Vorgänger aus "Grandmaster Repertoire" ein.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Who Dares Wins!

Lorin D´Costa
Who Dares Wins!
190 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-629-6
17,90 Euro.




Who Dares Wins!
"Who dares wins!", ins Deutsche übersetzt "wer wagt gewinnt!", ist eine thematische Partiensammlung, zusammengestellt von IM Lorin D´Costa und erschienen bei Everyman Chess. Sie enthält 64 interessant kommentierte Partien (für jedes Feld des Schachbretts eine!), die einer vom Autor speziell gezogenen Ordnung unterliegen.
Der Leitgedanke D´Costas ist es, an der folgenden Grundfrage in der Schachpartie orientiert: "Wie führe ich den erfolgreichen Angriff bei unterschiedlichen Rochaden?" Partien zu ordnen und in einer Weise darzustellen, dass der Fokus auf Prinzipien, Grundregeln der Angriffsführung, zu beachtende Stellungsmerkmale etc. gelegt wird. Auf diese Weise erreicht er eine Präsentation von Partien in 10 Kapiteln und stellt dabei die Angriffsmöglichkeiten sowie den erfolgreichen Praxiseinsatz vor. So findet der Leser Beispiele zu Opfern, um die gegnerische Stellung frei zu legen, zu Angriffen bei offenem Zentrum, zum Rochieren in eine Gefahrenstellung, zur Bewachung des Königs und etliche mehr. Im Rahmen der Kommentierung betrachtet der Autor Dinge wie die Ausgangssituation und daraus zu ziehende Schüsse, Stellungsmerkmale, die anzeigen, dass die Stellung reif ist für eine bestimmte Aktion etc.

Das Werk ist kein Lehrbuch, dieser Anspruch wäre überzogen. Der Leser, der die Partien durcharbeitet, dürfte dennoch klare Lehren daraus ziehen können und das Gefühl für das Angriffsspiel schulen. 52 der Buchpartien stammen aus diesem Jahrtausend, repräsentieren damit das moderne Schach nach dem heutigen Verständnis. Die nur wenigen älteren Partien hätte ich zumeist nicht vermisst, wenn der Autor auf deren Aufnahme zugunsten weiterer aktueller Partien verzichtet hätte, denn sie sind schon oft genug anderen Ortes abgedruckt worden. Der Schwerpunkt liegt aber ganz eindeutig auf modernen Partien, was sehr zu begrüßen ist.

Für mich ist "who dares wins!" ein Kaufkandidat für die Spieler, die ihre Freude am Nachspielen qualifiziert und unterhaltsam kommentierter Partien haben. Sie werden auf ihre Kosten kommen und dabei "durch Beobachtung lernen".


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Fearsome Four Pawns Attack

Jerzy Konikowski und Marek Soszynski
The Fearsome Four Pawns Attack
283 Seiten, kartoniert
ISBN: 1-888690-27-5
22,95 Euro.




The Fearsome Four Pawns Attack
Zu den schärfsten Waffen des Anziehenden gegen den königsindischen schwarzen Aufbau zählt der Vierbauernangriff, der Aufzug der vier Zentralbauern, üblicherweise in der Reihenfolge d4, c4, e4 und f4. Die Bauernphalanx trägt die Energie in sich, im schwarzen Lager alles niederzuwalzen, wenn Schwarz sich bei seinen Maßnahmen vergreift. Dem gegenüber gibt es mehrere Ansätze für den Nachziehenden, den Vorstoß zu stoppen, um die Schwächen dieses Aufzugs für das eigene Gegenspiel bis hin zu klassischen Konterangriffen zu nutzen.
Der Vierbauernangriff führt zu mega-komplexen Stellungsbildern, die man als Schwarzer mit Königsindisch im Repertoire kennen muss und als Weißer kennen sollte. Dies gilt ganz besonders für den Einsatz im Fernschachspiel, da beide Parteien davon ausgehen müssen, dass der Gegner nach dem Stand der Theorie handelt. Durch den erlaubten Hilfsmitteleinsatz gibt es unter diesem Aspekt nicht die aus dem Nahschach jedem bekannte Situation, dass am Ende des eigenen Wissens noch viel Theorie vorhanden ist (nur eben nicht im eigenen Kopf!). Auch der Gegner befindet sich in der komfortablen Situation, dass er das eigene Theoriedefizit im Kopf durch beispielsweise ein qualifiziertes Theoriewerk mehr als ausgleichen kann. Im Fernschach gefragt ist ein Theoriewerk, das nebeneinander breit und tief angelegt ist, um einerseits Wissensquelle und Nachschlagewerk zu sein und andererseits dabei zu helfen, die Fülle an Material der Datenbanken strukturieren zu helfen. Zum Vierbauernangriff gibt es mehr als 4600 veröffentlichte Partien, die aber weniger Wert entfalten, wenn sie wie "Kraut und Rüben durcheinander" Hinweise für die eigene angesagte Fortsetzung geben sollen.

Mir ist ein Buch neu in die Hände geraten, dessen Veröffentlichung bereits 2005 stattfand, das aber für das Fernschachspiel auch heute so wertvoll ist wie am ersten Tag.
"The Fearsome Four Paws Attack" von Jerzy Konikowski und Marek Soszinski, eben in 2005 erschienen bei Russell Enterprices und in Englisch verfasst, ist eine Komplettdarstellung des Vierbauernangriffs über die klassische Zugfolge 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f4.
Einer Einführung in die Thematik schließen sich 18. Kapitel an, in denen die Theorie mit dem Anspruch einer Behandlung bis ins Detail dargestellt wird. Diese 18 Kapitel widmen sich jeweils den Abweichungen von einer Hauptlinie, die in der Einführung verfolgt wird. Entferntere Abspiele sind somit Gegenstand der Kapitel mit einer schon fortgeschrittenen Nummerierung. Das Werk kann aufgrund dieser Ordnung "von vorn nach hinten" genutzt werden. Eine Orientierung im Variantenwerk wird dadurch bereits über das Inhaltsverzeichnis möglich. Sie wird über das am Ende des Buches zu findende Variantenverzeichnis qualifiziert.
In den einzelnen Kapiteln folgen die Autoren einem immer gleichen Aufbau. Zunächst werden die zum Abspiel führenden Züge aufgenommen. Dem schließt sich die Betrachtung der sich daraus ergebenden Fortsetzungen an, bevor ein Resümee zur Bewertung und zu den wesentlichsten Erkenntnissen gezogen wird. Anhand von aussagekräftigen kommentierten Partien wird dann der Praxiseinsatz des gerade behandelten Themas demonstriert. Insgesamt werden 63 vollständige Partien angeboten, sieben hiervon sind im Fernschach gespielt worden.

"The Fearsome Four Paws Attack" von Jerzy Konikowski und Marek Soszinski ist ein sehr zu empfehlendes Werk, das auch fünf Jahre nach seinem ersten Erscheinen nicht zuletzt dem Fernschachspieler als ausgezeichnetes Hilfsmittel dienen kann.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise vom Autorenteam zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Alekhine alert!, a repertoire for Black against 1 e4

Timothy Taylor
Alekhine alert!, a repertoire for Black against 1 e4
285 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-623-4
17,95 Euro.




Alekhine alert!, a repertoire for Black against 1 e4
"Alekhine alert!, a repertoire for Black against 1 e4", geschrieben von IM Timothy Taylor und erschienen bei Everyman Chess, ist ein Repertoirebuch für die Aljechin-Verteidigung, geschrieben aus der Sicht von Schwarz. In der Einführung erklärt der Autor, dass es sich um das erste Repertoirebuch überhaupt zu dieser Eröffnung handelt, was ich allerdings nicht nachprüfen kann.

Taylor stellt das Material anhand von 74 Partien vor, die teilweise historisch und bekannt sind und teilweise aus der Gegenwart stammen. Er unterteilt es in insgesamt 10 Kapitel, die sich jeweils mit einem konkreten Abspiel befassen. Jedes Kapitel widmet er einem Spieler, dessen Namen sich in besonderer Weise mit ihm verbindet. Darunter befinden sich Spieler wie Carlsen, Larsen und Korchnoi, um nur drei zu nennen. Etwas dick aufgetragen ist die Zuweisung des Heldenstatus an diese Spieler ("Our hero: …), aber das ist nur eine kleine Randbemerkung.

Zu den von Taylor genutzten Quellen zählen neben so ziemlich allen Büchern, die man erwarten kann, auch qualifizierte aktuelle Datenbanken. Auch die MegaCorr4 von Chess Mail zählt hierzu. Die Verwendung der Datenbanken zeigt sich auch darin, dass Taylor statistische Erfolgsaussichten und andere Aussagen auf diese begründet. Diese Inhalte helfen dem Leser bei der Beurteilung des jeweiligen Abspiels.

Taylor macht keinen Hehl daraus, was er mag und was nicht. In einem Repertoirebuch begrüße ich derartige Aussagen, denn sie zeigen, was der Autor selbst spielen und wovon er die Finger lassen würde. Sie sind nur möglich, wenn das behandelte Material auch tatsächlich selbst bewertet worden und nicht einfach nur aus Quellen geschöpft worden ist, Empfehlungen sich nicht zu sehr an jenen früherer Autoren orientieren.

Das Repertoire ist breit angelegt, die weißen Zugalternativen sind umfassend mit Entgegnungen abgedeckt. Der Autor zeigt auf, welche Probleme sich in den Stellungen ergeben, wie sie gelöst werden können, welchen Maßgaben das Spiel folgen sollte usw. Dem entsprechend fördert er das Verständnis für die Aljechin-Verteidigung und animiert nicht nur zum "Bolzen der Theorie".

Als Hilfsmittel hat Taylor auf die Bewertungen auch von Fritz 11 gesetzt, was auch die Bibliographie bestätigt. Dabei geht er aber erfreulich distanziert zum reinen "Maschinenschach" vor. Dies bestätigt beispielsweise auch eine kleine Notiz, die ich auf Seite 179 gefunden habe. Dort steht (sinngemäß übersetzt): "Fritz bietet hier das kuriose 10.Kf2 an, das von einem Menschen schwer zu verstehen ist. Ich denke, dass Schwarz jetzt rochieren kann."

Das Variantenverzeichnis am Ende des Buches ist ein guter Kompass durch das Werk. Die Anforderungen an die englischen Sprachkenntnisse des Lesers sind nicht zu hoch.

Wer sich mit dem Gedanken trägt, die Aljechin-Verteidigung in die eigene Praxis einzuführen, erhält mit "Alekhine alert!, a repertoire for Black against 1 e4" ein gutes Hilsmittel an die Hand.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The French Defence, A Complete Repertoire

Nikita Vitiugov
The French Defence, A Complete Repertoire
228 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-954-8782-76-0
24,95 Euro.




The French Defence, A Complete Repertoire
Die französische Verteidigung zählt zu den mega-komplexen Systemen. Es gibt zahlreiche Theoriewerke, die sich ihr widmen, mehrere sind erst jüngst erschienen. Es ist ungemein schwer, insbesondere für den noch weniger erfahrenen Spieler, aus diesem Dschungel jene Linien zu finden, die ihm liegen und hinreichend Aussicht auf Erfolg bieten. Ein sehr nützliches Hilfsmittel zur Lösung dieser Aufgabe kann ein Repertoirebuch sein, das sinnvoll zusammengestellt worden ist und sich auf die wesentlichen Pfade konzentriert.

"The French Defence, A Complete Repertoire" von Nikita Vitiugov, im laufenden Jahr 2010 im bulgarischen Chess Stars-Verlag erschienen, ist ein solches gelungenes Werk. Es ist aus der Sicht von Schwarz geschrieben und als Grundlage für den Aufbau eines eigenen Repertoires nach 1.e4 e6 gut geeignet. Es dürfte sicherstellen, dass der Leser mit einem nur begrenzten Ressourceneinsatz aussichtsreiche schwarze Abspiele und Varianten findet.
Abweichungen von den Hauptlinien, unabhängig ob von Weiß oder Schwarz eingeleitet, werden ebenfalls gründlich und zum Teil sehr tief behandelt. So ist der Nachziehende nicht verpflichtet, den Hauptempfehlungen wie einem Dogma zu folgen; sein Repertoire kann er in der gewünschten individuellen Breite suchen.

Einen kritischen Blick habe ich auf Seite 18 auf einen Zugkommentar geworfen, der einen "unzulässigen" Ausschluss einer bestimmten Variante andeutete, was sich aber im weiteren Verlauf des Buches nicht wiederholte und so keine generelle Linie bestätigte. Im genannten Fall steht zu einem Zug zu lesen, dass Weiß zwar auch ihn spielt, der Autor aber froh sei, keine Eröffnungsenzyklopädie zu schreiben, weshalb er solche Züge nicht behandele. Ein wenig erfahrener Spieler ist aber dankbar, wenn er auch die Entgegnung auf einen Zug wie diesen begründet empfohlen bekommt, wenn er denn vom Anziehenden gespielt wird und er immerhin eine Erwähnung im Buch wert ist. Diese unglückliche Kommentierung stellte sich dann aber als individuell auf diesen Zug beschränkt heraus.

Vitiugov erläutert ausführlich, worum es jeweils geht. Dies halte ich für ein wichtiges Qualitätsmerkmal, denn dieses Vorgehen fördert das Verstehen der Eröffnung. Dass genau dies sein Anliegen ist, wird auch aus dem Nachwort deutlich, in dem er auf die sich rasant entwickelnde Eröffnungstheorie hinweist und die Wichtigkeit herausstellt, die generellen Prinzipien, typischen Manöver, Abtäusche, Pläne und taktischen Ressourcen zu kennen.
Auch "Insidertipps" sind zu finden. So gibt er zu einem Abspiel der Rubinstein-Variante die Empfehlung, sie ins eigene Repertoire zu übernehmen, nicht aber als Hauptwaffe, weil man durch das Spielen deren einfacher Stellungen Probleme in anderen französischen Gewässern bekommen kann.

Das Werk verzichtet auf die Behandlung vollständiger Partien, der gesamte Raum ist der Theorie gewidmet.
Es ist in Englisch geschrieben, aber leicht verständlich. Die Bibliografie beschränkt sich auf Druckwerke. Das Inhaltsverzeichnis dient zugleich als Variantenverzeichnis.

Noch ein Wort zum Autor: Nikita Vitiugov ist Sieger bedeutender aktueller Turniere in Russland und mit dem russischen Team Mannschaftsweltmeister 2010. Seine aktuelle ELO-Zahl (FIDE) beträgt 2707.

Ich kann "The French Defence, A Complete Repertoire" zum Kauf empfehlen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Holländisch - richtig gespielt

Jerzy Konikowski und Olaf Heinzel
Holländisch - richtig gespielt
149 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-88805-499-0
17,80 Euro.




Holländisch - richtig gespielt
Was spielt man gegen 1.d4, wenn man dem Damengambit ausweichen und den "indischen Dschungel" meiden möchte und zugleich dem Gegner die grobe Richtung diktieren will? Holländisch! Die schwarze Entgegnung mit 1…f5 ist gerade in der jüngsten Vergangenheit wieder verstärkt ins Blickfeld gerückt, sie ist wieder zunehmend Gast in den Turniersäälen und auch die Literatur hat sich ihrer wieder angenommen.
Ganz frisch auf dem Markt ist "Holländisch" aus der "richtig gespielt"-Reihe des Joachim Beyer Verlags, geschrieben vom Autorenduo Jerzy Konikowski und Olaf Heinzel.
Schon rein äußerlich hebt sich dieses Werk positiv vom üblichen Standard ab, erscheint es doch mit festem Einband und hochwertiger Fadenheftung. Der Leser hat also "richtig etwas in der Hand".
Im Vordergrund der Besprechung soll natürlich das Inhaltliche stehen. Auch in diesem Punkt verdient das Werk ein breites Lob! "Holländisch - richtig gespielt" ist ein Repertoirebuch für Schwarz. Die Autoren konzentrieren die Behandlung auf diejenigen Varianten, deren Entstehen Schwarz herbeiführen kann und die ihm nach Einschätzung der Verfasser die besten Chancen einräumen. Intensiv erörtert werden deshalb das Leningrader System und der Holländische Stonewall.
Deutlich erkennbar ist das Bestreben der Autoren, den Leser die Systeme verstehen zu lassen. Ausführlich behandeln sie deshalb die Ideen und Pläne und zeigen auch die markanten Richtlinien auf, denen das Spiel unbedingt folgen sollte. Beispiel: "Der Läufer muss so entwickelt werden. Nach dem Textzug wird er später auf b2 oder a3 gestellt." Auf der Grundlage dieses Buches wird der Spieler ein klares Gespür für diese Eröffnung entwickeln und nicht nur konkrete Zugfolgen aufnehmen, um diese dann in eigenen Partien schlicht zu reproduzieren. Dies steigert die Aussichten, in einer eigenen und bisher noch nicht selbst untersuchten Brettstellung den jeweils angesagten Zug zu finden.
Ergänzt wird dieses durchgehende Merkmal des Buches von weit verzweigten Varianten, die nicht selten sehr in die Tiefe gehen. Das gut kommentierte und gut geordnete Material wird besonders dem Fernschachspieler nutzen, der zusätzlich noch seine Partiendatenbank beiziehen kann.
Das letzte von 16 Kapiteln enthält 40 Beispielpartien, um dem Leser die zuvor vorgestellte Theorie im praktischen Einsatz zu veranschaulichen. Hierbei fällt die Verzahnung von Theorie und Partiensammlung sehr positiv auf. Während in den Theorieteilen jeweils spezifisch auf ganz bestimmte ergänzende Partien hingewiesen wird, enthalten auch diese Rückverweise auf Theoriebereiche. Beispiel: "Andere Möglichkeiten wurden im Kapitel xy behandelt."
Zu allen Theoriekapiteln bzw. Abspielen geben die Autoren eine kurze Zusammenfassung, die alle übergeordneten Aspekte noch einmal festhält.
Das Inhaltsverzeichnis dient zugleich als Variantenverzeichnis, zum Kapitel 16 auch als Partienverzeichnis.

Das Quellenverzeichnis enthält die wichtigsten Bücher, Datenbanken und Periodika mit ausgewiesenem Stand 2007. Das Buch "Win with the Stonewall Dutch" von Johnsen, Bern und Agdestein ist im Jahre 2009 erschienen, kann also im Verzeichnis noch nicht referenziert werden.

Weil auffällig, noch ein letztes Wort zur Akkuratesse: Mir ist nur auf einer einzigen Seite (Seite 41) ein kleiner "handwerklicher" Fehler aufgefallen, indem dort drei Worte in einem abweichendem Zeichensatz geschrieben worden sind. Dies ist auch ein sicherer Beleg für die große Sorgfalt, mit der dieses Werk erschaffen worden ist.

"Holländisch - richtig gespielt" kann ich dem Leser sehr zum Kauf empfehlen!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise vom Joachim Beyer Verlag (www.beyerverlag.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Squeezing the Gambits: the Benko, Budapest, Albin and Blumenfeld

Kiril Georgiev
Squeezing the Gambits: the Benko, Budapest, Albin and Blumenfeld
192 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-954-8782-75-3
23,95 Euro.




Squeezing the Gambits: the Benko, Budapest, Albin and Blumenfeld
Aus dem heutigen Fernschach ist die Nutzung von Partiendatenbanken nicht mehr wegzudenken. Die Suche nach bestimmten Stellungen in der Eröffnungsphase führt oft zu Listen mit Tausenden und Zigtausenden Partien, in denen die Kontrahenten das gesuchte Bild schon auf dem Brett hatten. Und in der Regel gibt es einige bis etliche Alternativen für den nächsten Zug, viele hiervon haben wiederum hohe Partiezahlen auf sich vereinigt.
Die Auswertung der Datenbanken kann vieles, eines aber nicht: hinter den gespielten Zügen stehende Pläne quasi als Verabreichung einer "Wohlstandsbrühe" vermitteln.
Zu den Hauptgefahren für den Spieler bei der Auswahl seiner Züge nach den Prinzipien "was ist denn schon vorgekommen und was haben Meisterspieler hier gezogen" sowie "was wurde denn meistens gespielt" zählen
a. die Ideen- und Planlosigkeit ab der Partiephase, in der Datenbanken nichts mehr hergeben und
b. das eigene Wiederfinden in Stellungen, die ihm vom eigenen Stil her nicht so richtig liegen.

Was hilft? Es hilft die Synthese aus Partiendatenbank und Eröffnungsbuch, also das Eröffnungsbuch, das Plan und Struktur neben die Statistik stellt.

"Squeezing the Gambits: the Benko, Budapest, Albin and Blumenfeld" von Kiril Georgiev, erschienen bei Chess Stars, ist ein solches Werk für den Bereich der vg. Eröffnungen. Es ist ein Repertoirebuch für Weiß, natürlich auch für Schwarz von Nutzen. Die Inhalte und Empfehlungen sind so ausgerichtet, dass Weiß den Gegner in einen positionellen Nachteil bringen soll.
Wer lange Variantenketten braucht, ist mit diesem Werk eher weniger gut beraten, auch wenn es solche bisweilen gibt. Sehr gut aber ist es in der Kategorie "eine Eröffnung verstehen, strategische Pläne dem Spiel zugrunde legen und umsetzen". Und deshalb auch der Hinweis, wie wertvoll das Buch für den Fernschachspieler insbesondere auch neben dem Hilfsmittel Datenbank ist.

Innerhalb der einzelnen Kapitel werden zunächst die zentralen Ideen behandelt, teilweise sogar intensiv (gegeneinander) abgewogen, erörtert. Sehr deutlich erkennbar ist das Ziel, dem Leser das Verstehen der Eröffnungen zu erlauben, ihn auch ein Gefühl für das System finden zu lassen. Grundlegende Pläne, Bauerstrukturen, bestimmte Motive werden nach Bedarf dargestellt. Dem schließt sich immer ein Merkkästchen an, in dem ganz konkret festgehalten wird, was unbedingt zu tun oder zu lassen ist. In diesem Bereich ist das Werk Beispiel gebend. Es erinnert dabei an ein Lehrbuch der Schachstrategie und Schachtaktik, aber fokussiert auf die Themaeröffnungen.
Der Abschnitt "Step by Step" gibt jeweils den Theoriestand in Haupt- und in den wichtigsten Nebenlinien wieder. Hier sind auch die kommentierenden Analysen mit einem deutlich größeren Tiefgang zu finden. Kommentierte vollständige Partien illustrieren das Material am praktischen Einsatz.

Das Benkö-Gambit nimmt mit Abstand den größten Raum ein (deutlich mehr als die Hälfte aller Seiten). Das Budapester Gambit inkl. Fajarowicz-Gambit, Albins Gegengambit und Blumenfeld-Gambit treten zurück, ohne aber dass dies einen Mangel anzeigen könnte. Ich persönlich sehe die Verhältnisse als ausgewogen an, ich habe nichts als fehlend erkannt.

Ein einfaches Variantenverzeichnis bildet den Schluss des Werkes.

Kiril Georgiev stützt sich auch auf Rybka, ohne aber dessen errechneten Empfehlungen immer zu folgen, was ich als Qualitätsmerkmal ansehe, zumal das Abweichen begründet wird, und zwar mit Bezug auch auf die vorgestellten Ideen und Pläne. So findet sich auf S. 97 folgende Passage zu einer Abweichung von der Hauptvariante: "Rybka schlägt … vor, das aber würde den Abtausch der Damen mittels … erlauben (…)."

Theoriebeiträge aus dem Fernschach sind ebenfalls im Werk abgebildet, auch mit vollständiger Partie.
Das in englischer Sprache verfasste Werk stellt keine überhohen Anforderungen an die Kenntnisse des Lesers.

"Squeezing the Gambits: the Benko, Budapest, Albin and Blumenfeld" ist ein gelungenes Werk, das ohne Wenn und Aber zum Kauf empfohlen werden kann.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Attacking Manual 2

Jacob Aagaard
Attacking Manual 2
459 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-9197600-41-5
29,99 Euro.




Attacking Manual 2
"Attacking Manual 2", geschrieben von Jacob Aagaard und erschienen bei Quality Chess, soll nach dem Rückentext des Werkes eine Lücke schließen, die hinsichtlich der Darstellung der Regeln im Schach besteht. Während die alten Meister die positionellen Regeln eher statisch behandelt haben, will Aagaard die dynamischen Seiten herausstellen. Es geht ihm um den Ausbau eines dynamischen Vorteils, um das fortgesetzte Führen eines laufenden Angriffs. Er demonstriert das, was er dem Leser vermitteln möchte, anhand von Partien und Partiefragmenten aus der Praxis, die er, um Analysen bereichert, die auch schon mal ganz erheblich in die Tiefe gehen können.

Wie der Titel belegt, handelt es sich um den zweiten Teil einer doppelbändigen Reihe. Dem entsprechend ist die Bewertung des Nutzens für den Leser auf beide Bände zu erstrecken.
Aagaards Vorgehensweise erinnert mich an die Klassiker von Aaron Nimzowitsch, "Mein System" und "Die Praxis meines Systems".
Der Wert des Werkes liegt nicht etwa darin, dass Aagaard neue Methoden etc. entwickelt, denn das, was er behandelt, hat der erfahrene Spieler schon einmal gehört und vieles davon versucht er in der eigenen praktischen Partie umzusetzen, wenn auch vielleicht nicht immer bewusst einem regelmäßigen Motiv zugeordnet. Der Wert liegt vielmehr darin, dass der Autor die Elemente des dynamischen Spiels, des Angriffsspiels klar herausstellt, sie beschreibt und in der Praxis demonstriert.

Der Stoff ist fünf Kapiteln zugeteilt, die folgende Überschriften tragen:
Kapitel 1: Mattangriffe verstehen
Kapitel 2: Typisches Figurenspiel
Kapitel 3: Typische Bauernführung
Kapitel 4: Sicherheit des Königs
Kapitel 5: Intuitive Opfer und fortwährende Initiative.
Es folgt ein sechstes Kapitel mit Lösungen zu den über das Werk hinweg verteilten Übungen.

Zu den Motiven, die in den einzelnen Kapiteln behandelt werden, zählen Dinge wie Drei-Figuren-Angriff, Figurenopfer gegen Zeit, Schwächen provozieren, Die Defensivformation zerstören und Aggressives Eröffnungsspiel. Insgesamt werden 40 solche Motive behandelt.

Am Ende des Werkes findet sich ein Verzeichnis der Partien und Partiefragmente. Auch aus dem Fernschach sind Beispiele verarbeitet worden. So ist auf Seite 342 eine Partie zwischen Stephan Ziska und Manfred Herbold abgebildet, 2001 per E-Mail gespielt.

Ein Wort noch zur Sprache: Das Buch ist in Englisch verfasst. Aufgefallen ist mir, dass der Wortschatz breiter ist, als man dies sonst von Schachbüchern kennt. Es ist zwar gut mit Schulenglisch zu verstehen, so mancher Leser wird aber, so wie auch der Rezensent, das eine oder andere Wort im Sprachwörterbuch nachschlagen müssen.

"Attacking Manual 2" ist ein gelungenes Buch. Wie immer bei derartigen zweibändigen Werken wird das Erreichen des vollen Nutzens dann möglich, wenn auch der erste Band durchgearbeitet wird.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Moscow & Anti-Moscow Variations, An Insider´s View

Alexei Dreev
The Moscow & Anti-Moscow Variations, An Insider´s View
212 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-954-8782-74-6
24,95 Euro.




The Moscow & Anti-Moscow Variations, An Insider´s View
Wie für den Fernschachspieler gemacht erscheint das neue Werk mit dem Titel "The Moscow & Anti-Moscow Variations, An Insider´s View" aus dem Hause Chess Stars. Der Autor Alexei Dreev untersucht darin sehr tief die Theorie nach den beiden Zugfolgen

1. d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.Lg5 h6 6.Lxf6 Dxf6 (Moskau-Variante genannt) und
1. d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.Lg5 h6 6.Lh4 dxc4 7.e4 g5 8.Lg3 b5 (Anti-Moskau-Variante),

beide aus der Semi-Slawischen Verteidigung (ECO D43). Beide Systeme zählen zu den Hauptlinien in der Semi-Slawischen Verteidigung generell, worauf Dreev im Vorwort hinweist.
Das Inhaltsverzeichnis, das auch ein leider fehlendes Variantenverzeichnis ersetzen muss, sieht wie folgt aus:

Moskau-Variante
1. d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.Lg5 h6 6.Lxf6 Dxf6
7.e4 dxe4 8.Sxe4 Lb4+
7.a3
7.Db3
7.Dc2
7.g3 Sd7 8.Lg2 dxc4
7.e3 Sd7 8.a3
7.e3 Sd7 8.Ld3 dxc4 9.Lxc4 Ld6
7.e3 Sd7 8.Ld3 dxc4 9.Lxc4 g6
7.e3 g6

Anti-Moskau-Variante
1. d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.Lg5 h6 6.Lh4 dxc4 7.e4 g5 8.Lg3 b5
9.Se5
9.Le2 Lb4; 9…b4; 9…Sbd7
9.Le2 Lb7 10.e5
9.Le2 Lb7 10.h4 b4
9.Le2 Lb7 10.h4 g4 11.Se5 h5
9.Le2 Lb7 10.h4 g4 11.Se5 Tg8; 11…Sbd7
9.Le2 Lb7 10.0-0 Sbd7 11.Se5.

Von den insgesamt 204 theoriegefüllten Seiten (von 212 Seiten insgesamt) entfallen 94 Seiten auf die Moskau-Variante und 110 Seiten auf die Anti-Moskau-Variante. Die verwendeten Ressourcen sind topaktuell, das Werk zeigt den Theoriestand 2009.

Dreev hat keine vollständigen Partien aufgenommen, der komplette Raum dient den theoretischen Erörterungen. Es werden die wesentlichen strategischen Aspekte angesprochen, der Schwerpunkt liegt aber auf der Darstellung der taktischen Möglichkeiten, der Darstellung der Varianten.

In meiner recht gut sortierten Datenbank sind Partien zu den behandelten Systemen mit folgendem statistischem Ergebnis gespeichert: Moskau-Variante: 3083 Partien, Erfolgsquote aus schwarzer Sicht: rd. 47 Prozent.
Anti-Moskau-Variante: 1412 Partien, Erfolgsquote aus schwarzer Sicht: rd. 44 Prozent.

Noch ein Wort zum Autor: Alexei Dreev ist aktuell die Nummer 83 in der FIDE-Rangliste. Er greift selbst intensiv auf die Systeme zurück, die er im Buch behandelt.

Mit "The Moscow & Anti-Moscow Variations, An Insider´s View" bekommt der (Fernschach-) Spieler für 24,95 Euro ein Werk in die Hand, das ihn sehr gut präpariert in die Partie gehen lässt. Mit diesem Preis ist es auch angemessen bezahlt.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Olympiad United - Dresden 2008

Josip Asik, Anna Burtasova und Harald Fietz
Olympiad United - Dresden 2008
304 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-3-9813348-0-7
29,90 Euro.




Olympiad United - Dresden 2008
Die Teilnahme an einer Schacholympiade zählt für jede Spielerin und für jeden Spieler zum Größten, was die eigene Karriere bringen kann. Als Besucher einer Schacholympiade ebenfalls quasi zum Teil derselben zu werden, zählt zu den größten Erlebnissen, die der Schachenthusiast im Turniergeschehen erfahren kann.
2008 war es soweit, für Aktive und für Zuschauer wurde die Schacholympiade wieder zum Leuchtturm im Turnierjahr. Und das Besondere daran war, dass diese Olympiade in Dresden und somit zum vierten Mal in Deutschland ausgetragen wurde. Dies eröffnete den deutschen Schachanhängern die ganz besondere Möglichkeit, vor der eigenen Haustür als Zuschauer zum Gelingen dieses Events beizutragen. Diejenigen, die diese Chance genutzt haben, berichteten hinterher, wie beeindruckend diese Veranstaltung für sie gewesen war, welch besonderes Erlebnis sie auch für die Besucherinnen und Besucher gewesen war.

Natürlich gibt es auch viele Schachbegeisterte, denen es so wie dem Verfasser dieser Rezension ergangen ist, denen es also, aus welchen Gründen auch immer, nicht vergönnt war, die Schacholympiade zu besuchen. Für sie gibt es aber die Chance, irgendwie doch noch und zwar nachträglich an dieser Großveranstaltung quasi teilzunehmen, auf jeden Fall ein Gefühl des eigenen Erlebens zu bekommen. Mit dem im DIN A4-Format im Verlag Schach Wissen erschienenen Buch "Olympiad United - Dresden 2008" von Josip Asik, Anna Burtasova und Harald Fietz feiert die Schacholympiade 2008 eine kleine Wiederauferstehung.
Wie das?
370 Fotos, allesamt in schickem Schwarzweiß, zeigen die Olympiade von allen Seiten, halten Situationen fest, geben den Spielerinnen und Spielern ein Gesicht, lassen sie "Mensch sein" am Rande des Schachgeschehens, z.B. indem sie auch spaßige Blödeleien nicht verheimlichen, und sorgen zudem schlicht auch für eine treffliche Dokumentation des Ganzen. Ernste Partien und Spaß dabei und drumherum, dies scheint ein Kennzeichen der Schacholympiade 2008 gewesen zu sein. Berichte zu den Runden, zu Begebenheiten, zur Turniersituation und, und, und informieren und unterhalten zugleich.
Die Seele eines Schachturniers sind aber die in ihm gespielten Partien. Und hiervon sind 115 Beispiele des hohen Schaffens im Buch abgebildet. Diese Partien sind allesamt sehr ansprechend kommentiert, teilweise von den Protagonisten selbst und teilweise (auch) von Dritten. Schon die Partien machen dieses Werk zu einem ganz besonderen. Wie hoch qualifiziert während der Olympiade gespielt wurde, lässt sich auch daran erkennen, dass zahlreiche Partien Eingang in jüngste Theorieveröffentlichungen, insbesondere zur Eröffnung, und Sammlungen gefunden haben. Man könnte nun versuchen, die eine oder andere kommentierte Partie heraus zu picken und vertieft darauf einzugehen. Dies aber macht wenig Sinn, weil sich keine "objektiven" Maßstäbe für die Auswahl anbieten.

Die Vorarbeit für diese Rezension erstreckte sich über mehrere Wochen. Zu deren Ergebnissen zählt die Erkenntnis, dass dieses Werk sehr kompakt ist, was auch die Qualität aller angebotenen Inhalte in sich betrifft.

Nimmt man sich dieses Buch als Ganzes vor, blättert man über die Seiten hinweg, bis das Auge an der einen oder anderen Sache hängen bleibt, um nach kurzer Zeit mit dem Blättern fortzufahren, vermittelt es fast den Eindruck einer Reportage. Man fühlt sich "mittendrin statt nur dabei". Fast spielte dem so vorgehenden Rezensenten die Fantasie einen Streich, weil er das Turniergeschehen zu hören glaubte und bewegte Bilder vor seinem geistigen Auge erschienen. ‚Warum sollte es dem Leser anders ergehen?
Ein Podcast oder ein Vodcast ist "Olympiad United - Dresden 2008" natürlich nicht, es kommt aber "kurz danach".

Noch kurz zusammengefasst, was den Leser erwartet (unter teilweisem Rückgriff auf eine Produktinfo):
304 Seiten im DIN A4-Format
Hard-Cover mit Fadenbindung, 135g Kunstdruckpapier
370 S/W-Fotos und 370 Diagramme
115 Partien und 12 Stellungen
Kommentierung durch 64 Top-Spieler und Trainer.

"Olympiad United - Dresden 2008" ist ein ganz hervorragendes Werk. Jede Leserin und jeder Leser wird seine helle Freude daran haben.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

starting out: the Réti

Neil McDonald
starting out: the Réti
206 Seiten, kartoniert
ISBN: 9781-85744-622-7
17,95 Euro.




starting out: the Réti
"starting out: the Réti" von Neil McDonald und erschienen im Hause Everyman Chess ist eine Kompletteinführung in die Reti-Eröffnung, die sich vornehmlich an den Nachwuchsspieler richtet. Der Autor setzt sehr darauf, dass der Leser die Eröffnung versteht, die hinter den dargestellten Systemen und Varianten stehenden Ideen erkennt und verinnerlicht. Er gibt sich dabei erkennbar große Mühe, um einfach und verständlich zu schreiben. Dabei geht er manchmal auch so weit, dass sich Spielanfänger einbezogen fühlen dürften. Dies wird beispielsweise an einem frühen Merkhinweis deutlich, mit dem er dem Leser in Erinnerung ruft, dass Schachstrategie mit der Koordination aller Spielsteine und nicht allein mit der Kraft eines einzelnen Steins zu tun hat.
Ganz im Sinne des Werkes gibt es keine üppigen Darstellungen von Varianten. Werden sie angeboten, beschränken sie sich auf ein "Einstiegsniveau".

Wer kann von diesem Buch profitieren? Hierzu zählt in meinen Augen der Spieler, der sich noch nicht in den Bereich höherer Weihen vorgearbeitet hat und die Reti-Eröffnung wirklich von der Pike auf verstehen möchte.
Im heutigen Fernschach kann das Werk dann gute Dienste leisten, wenn der Spieler nicht allein mit ihm ausgerüstet in die Partie geht. Ihm sollte auf jeden Fall eine gut sortierte Partiendatenbank und/oder ein variantengeprägtes Spezialwerk, auch ein Repertoirewerk wäre geeignet, zur Verfügung stehen. Allein mit diesem Buch im Gepäck kann ich dem Fernschachspieler nicht raten, in die Partie zu gehen. Steht es aber neben dem Spezialmaterial zur Verfugung, kann es sehr wertvoll sein, um
a. die Reti-Eröffnung "spielerisch" zu verstehen und
b. die Partie auch dann im Sinne der Eröffnung fortzusetzen, wenn es keine konkreten anderen Ressourcen mehr gibt.

Das Buch enthält ein ausreichendes Variantenverzeichnis am Ende, wo auch ein Verzeichnis der insgesamt 55 abgebildeten vollständigen Partien (es ist keine Fernschachpartie dabei) zu finden ist.

Natürlich ist das Werk, wie schon der Titel belegt, in Englisch verfasst. Die Sprache ist aber mit Kenntnissen auf Schulhöhe kein Problem.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Scotch Game for White

Vladimir Barsky
The Scotch Game for White
196 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-954-8782-73-9
23,50 Euro.




The Scotch Game for White
Ein Repertoirebuch mit dem Titel "The Scotch Game for White" zählt zu den jüngsten Neuerscheinungen aus dem bulgarischen Chess Stars Verlag. Vladimir Barsky, Internationaler Meister aus Moskau, hat auf 196 Seiten ein Repertoire aus der Sicht des Weißspielers zusammengestellt, das er nach dem bewährten Aufbau der Werke dieses Verlags in seinen verschiedenen Varianten zunächst kurz vorstellt (Quick Repertoire), dann tief behandelt (Step by Step) und zuletzt anhand vollständiger Partien im praktischen Einsatz zeigt.

Das Werk unterteilt sich in sieben Kapitel, die sich jeweils den Möglichkeiten der folgenden einleitenden Züge widmen:

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4

Kapitel 1: 4...Sxd4; 4...Sge7; 4...d5
Kapitel 2:4...g6; 4...d6
Kapitel 3: 4...Dh4 5.Sc3 Lb4 6.Le2
Kapitel 4: 4...Lc5 5.Sxc6
Kapitel 5: 4...Lb4+ 5.c3
Kapitel 6: 4...Sf6 5.Sxc6 bxc6 6.Ld3
Kapitel 7: 4...Sf6 5.Sxc6 bxc6 6.e5.

Das Werk ist eine solide Darstellung der vom Autor empfohlenen Abspiele auf der Basis des aktuellen Theoriestandes.

Ein Variantenverzeichnis wie auch ein Verzeichnis der vollständig abgebildeten Partien fehlen leider, was besonders hinsichtlich des Variantenverzeichnisses als Manko anzusehen ist. Das unter Abbildung der Anfangszüge vorangestellte Inhaltsverzeichnis schafft einen gewissen Ausgleich.

Insbesondere in Verbindung mit einer gut sortierten Partiendatenbank dürfte das Werk eine gute Grundlage sein, um sich auch im Fernschach einmal an der Schottischen Partie zu versuchen.
Schulenglische Sprachkenntnisse sollten beim Leser vorhanden sein.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Dangerous Weapons: The King´s Indian

Richard Palliser, Glenn Flear und Yelena Dembo
Dangerous Weapons: The King´s Indian
272 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-593-0
16,90 Euro.




Dangerous Weapons: The King´s Indian
Das Autorentrio Richard Palliser, Glenn Flear und Yelena Dembo zeichnet sich zu etwa gleichen Teilen verantwortlich für "The King´s Indian" aus der Reihe "Dangerous Weapons" von Everyman Chess. Typisch für alle Bücher dieser inzwischen gut etablierten Reihe ist das Ziel, dem Leser einen Reigen an Eröffnungsalternativen anzubieten, die sich außerhalb der ausgetretenen Pfade bewegen. Hierbei kann es sich um neue Ideen handeln, aber auch um neu bewertete bekannte Züge. Auch kann es um trickreiche Überleitungen in andere Systeme gehen, die dem Gegner weniger zupass kommen können oder um Überraschungseffekte, was im Fernschach eher im Rapid-Bereich gelingen dürfte, sonst aber natürlich im Nahschach. Nicht alle Vorschläge müssen garantiert gesund sein, auf jeden Fall aber dürfen sie nicht klar nachteilig sein. So zielen manche Vorschläge auch auf den Einsatz im Blitzschach ab.

Ob von ihm bevorzugte Systeme von den Inhalten dieses Werkes erfasst sind, wird der Leser am besten anhand der folgenden Inhaltsübersicht einschätzen können. Die Autoren decken folgende Zugfolgen ab (in Klammern dahinter der Titel des Kapitels):

  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sf3 Lg7 4. g3 c5 (Attacking the Fianchetto)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. f4 0-0 6. Sf3 e5 (The Four Pawns Attack Doesn´t Prevent 6…e5)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. f4 0-0 6. Sf3 c5 7. dxc5 (The Pawns That Bind)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4.e4 d6 5. f4 c5 6. d5 0-0 7. Sf3 e6 8. dxe6 (Showdown!)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. f4 0-0 6. Sf3 Sa6 7. e5 (Continuing to Roll Forwards)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 0-0 5. f3 Sc6 (Hold Back that d-pawn!)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Ld3 Sc6 6. Sge2 Sd7 (Striking into d4)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Sge2 Sbd7 6. Sg3 e5 7. d5 h5 (Advance that h-pawn!)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Le2 0-0 6. Lg5 (Cramp and Provoke)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Le2 0-0 6. Lg5 Sa6 (Further Constriction with the Averbakh)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Sf3 0-0 6. Le2 e5 7. 0-0 Sh5 (The Karklins-Ilincic Variation)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Sf3 0-0 6. Le2 e5 7. 0-0 Sbd7 8. Le3 Te8 (The Return of ...Sbd7: Part One)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Sf3 0-0 6. Le2 e5 7. 0-0 Sbd7 8. Dc2 Sh5 (The Return of ...Sbd7: Part Two)
  • 1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Sf3 0-0 6. Le2 Sbd7 (The Return of ...Sbd7: Part Three)

Markante Stellen werden mit den üblichen Bildchen einer Kanone, eines Blitzes, von Spielwürfeln und eines aufgeschlagenen Buches gekennzeichnet. Diese haben die Bedeutungen:
Kanone: Gefährliche Waffe! Kennzeichnet eine Partie, Variante, Untervariante oder Stellung, worin die gefährliche Waffe den erhofften Effekt erzielt.
Blitz: Vorsicht! Weist auf eine sofortige Gefahr für den Spieler hin, der die gefährliche Waffe einsetzt.
Würfelpaar: Würfeln! Kennzeichnet eine Variante oder Untervariante, die eher für Partien mit engem Zeitlimit geeignet sind oder für Spieler, die es lieben, Risiken einzugehen.
Buch: Trickreiche Überleitung: Zeigt die Möglichkeit zur Überleitung in eine andere Varianten an. Es ist eine Waffe von erheblicher Bedeutung, eine abweichende Zugfolge einzusetzen, um den Gegner in Gefilde zu führen, mit denen er weniger vertraut ist.

Über die Verwendung dieser Bildchen kann man geteilter Meinung sein, auf jeden Fall aber erlauben sie dem Leser, die Bedeutung der gekennzeichneten Aussage auf den ersten Blick zu erkennen.

Die Analysen erlauben ein geeignet tiefes Eindringen in die Materie, sie sind vor allem taktisch geprägt.

Ein Variantenverzeichnis und ein Partienverzeichnis (es gibt 19 vollständig abgebildete Partien, keine Fernpartien) bilden den Schluss des Werkes.
Eine Bibliografie ist nicht enthalten.

Wie andere Werke aus der Dangerous-Weapons-Reihe ist auch "The King´s Indian" als eBook per Download erhältlich. Der Verlag stellt heraus, dass alles voll interaktiv im Chessbase-Format genutzt werden kann.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

play the Ponziani

Dave Taylor und Keith Hayward
play the Ponziani
301 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-620-3
17,95 Euro.




play the Ponziani
Wir leben in einer Zeit, in der zahlreiche Eröffnungen und Varianten ihre Wiederentdeckung feiern. Was lange Jahre als harmlos, minderwertig oder nachteilig angesehen wurde, findet - oft über die Patenschaft eines namhaften Protagonisten - wieder zurück auf die Turnierbühne.

Ein neuer Kandidat für eine solche Entwicklung könnte die Ponziani-Eröffnung sein, die über die einleitenden Züge 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.c3 auf das Brett kommt. Mit ihrem Werk "play the Ponziani", erschienen bei Everyman Chess, leistet das Autorenpaar Dave Taylor und Keith Hayward einen bemerkenswerten Beitrag zur Neubewertung der weißen Potenziale in dieser Eröffnung. Sie stellen die Theorie ausführlich dar, wobei sich ihr Urteil, basierend auf eigenen neuen und tiefen Untersuchungen, bisweilen klar von jenen anderer Autoren unterscheidet. "Die Ponziani-Eröffnung ist eine grundsätzlich gesunde Eröffnung", heißt es hierzu in der Einleitung aus der Feder von Dave Taylor. "Sie wird selten gespielt und dies gereicht dem Praktiker zum Vorteil. Die Theorie dieser Eröffnung aus der (jüngeren) Vergangenheit ist falsch. Meister und Großmeister haben die Eröffnung falsch analysiert." Dave Taylor ist ein starker Fernschachspieler aus den USA. Dass sein selbstbewusstes Urteil zumindest auf wichtige Teile der Theorie zur Ponziani-Eröffnung zutreffen könnte, treten die beiden Autoren ihren Beweis an.
Ein markantes Beispiel findet sich auf den Seiten 44 ff., es geht um die Hauptvariante mit 3...Sf6 und nachfolgendem 5...Se7. Nach dem 12. Zug von Weiß haben wir eine Stellung auf dem Brett, in der Weiß einen klaren Raumvorteil am Damenflügel hat. Er ist besser entwickelt und Schwarz hat mehr Mühe bei der Aktivierung seiner Figuren vor sich. Das bisherige Urteil der Theorie lautet jedoch auf "gleich"; wie es heißt, soll Weiß kaum Nutzen aus seinem Raumvorteil ziehen können. Taylor/Hayward kommen zu einer anderen Einschätzung und bauen die weiße Position nachfolgend weiter aus. Hierbei beschreiben sie klar und verständlich, welche Pläne sie für das weiße Spiel verfolgen. Diese sind lang angelegt, was dem Wesen im Spiel eines starken Fernschachspielers wie Taylor entspricht. Zwischenstände auf dem Brett auf dem Weg zu einer geplanten Brettsituation müssen von Engines nicht als vorteilhaft erkannt werden. "Ein Handicap der Computer ist es, dass sie oft lang angelegte Pläne nicht erkennen können", meint er hierzu. "Sie können zwar schneller rechnen als Menschen, Menschen aber haben einen Vorteil durch ihre Fähigkeit, strategisch zu handeln."
Die og. Ausgangssituation nach 12.Lxc4 bewertet Rybka mit "=" und Shredder mit "+/=".

Mindestens gelingt es Taylor und Hayward, die Ponziani-Eröffnung so weit zu rehabilitieren, dass sie optimistisch versucht werden kann. In welchen Varianten sie mit abweichenden neuen Einschätzungen Recht haben, wird sich über die Praxisergebnisse herausbilden müssen.
Die Ponziani-Eröffnung ist mehr als nur eine Überraschungswaffe, deren Erfolg insbesondere eben von der Überraschung des Gegners abhängt. Sie ist solide, verspricht aber darüber hinaus einen Überraschungseffekt auf der Seite des nicht allzu gut mit ihr vertrauten Gegners. Dieser Vorteil gilt grundsätzlich für das Nahschach, beim Rapid-Fernschach darf Weiß wird auf ähnliche Effekte hoffen können.

Die Theorie wird in 12 Kapiteln behandelt, von denen sich die Autoren das letzte aber hätten sparen können, denn mit der Ponziani-Eröffnung hat es nichts zu tun. Es werden Abweichungen des Schwarzen im 2. Zug behandelt, Ponziani kommt überhaupt nicht auf das Brett; als Theorie für die ersatzweise entstehenden Eröffnungen ist dieses Material aber viel zu dürftig.

Alle Darstellungen sind sehr ausführlich gehalten, die Autoren setzen sehr auf das Verstehen des Lesers. Er soll immer wissen, warum er etwas tut. Den Wert dieses Anspruchs setze ich sehr hoch an.

Noch eine kleine Anmerkung zum 3. Kapitel: Es behandelt 3...Sf6 mit folgendem 4...exd4 und 5.e5. Diese Stellung wird auch über das abgelehnte Göring-Gambit erreicht, der Leser erhält somit auch hierzu qualifiziertes Material.

"play the Ponziani" von Dave Taylor und Keith Hayward kann mit Schulenglisch gut verstanden werden. Ein empfehlenswertes Werk mit zahlreichen innovativen Inhalten.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Improving Chess Thinker

Dan Heisman
The Improving Chess Thinker
220 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-0-9791482-4-8
15,95 Euro.




The Improving Chess Thinker
Selten ist mir eine Rezension zu einem Buch so schwer gefallen wie diese zu "The Improving Chess Thinker" von Dan Heisman. Die Vorarbeit hat sich über einige Wochen erstreckt, in denen ich mich immer wieder intensiv damit beschäftigt habe, um das Werk dann aber doch zunächst er wieder beiseite zu legen, weil ich das Gefühl nicht überwinden konnte, der Aufgabe noch nicht gerecht werden zu können.
Bevor ich meine nun gefundenen Ergebnisse herleite, möchte ich sie in einer Aufzählung voranstellen.

  1. Das Werk ist kein Schachbuch im engeren Sinn. Es beschäftigt sich im Kern nicht mit den Regeln des Spiels, der Theorie, konkreten Hinweisen zur Spielführung in den unterschiedlichen Partiephasen etc.
  2. In erster Linie geht es um die Strategie des Denkens, die einen maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg und den Nichterfolg im Schach hat. Wie sollte der Spieler sein Denken ordnen, um die besten Voraussetzungen dafür zu schaffen, die schachlich richtigen Entscheidungen zu treffen, die besten Züge zu finden usw.? Diesen Fragen geht der Autor nach und gibt Antworten darauf.
  3. Der Autor arbeitet Unterschiede heraus, die im Denken und Vorgehen von Spielern unterschiedlicher Spielstärke bestehen. Er macht erkennbar, welche Qualitätsmerkmale im Denkprozess und im Herangehen den spielstarken Spieler gegenüber dem schwächeren begünstigen. Er gibt Hilfestellung zur Entwicklung der eigenen entsprechenden Fähigkeiten, um einen höheren Level zu erreichen.
  4. Dem Leser werden sehr konkrete Hinweise gegeben, wie er von Grund auf in einer beliebigen Brettsituation zur Evaluation einer qualifizierten Stellungseinschätzung und der daraus abzuleitenden schachlichen Schritte kommen kann.
  5. Adressaten des Werkes sind in meinen Augen Spieler, Trainer und allgemein am Denkprozess von Schachspielern Interessierte.
  6. Die Anforderungen an die Englischkenntnisse des Lesers dürften über dem sonst Üblichen liegen.

Nach einer bereits in eine gewisse fachliche Tiefe gehenden Einführung, die u. a. auch Hinweise zum Gebrauch des Buches gibt, beschreibt der Autor, auf welchen Ermittlungen die dargestellten Erkenntnisse beruhen, wie diese angelegt waren, welche Vorgaben Spielern im Zuge praktischer Aufgabenstellungen zur Untersuchung deren Denkens gemacht wurden etc. Grundlage waren im Wesentlichen ausgewählte Übungen, die Spieler unterschiedlicher Stärke am Brett absolvieren mussten, wobei diese "laut" denken mussten. Diese Gedanken wurden protokolliert und zum Gegenstand von Untersuchungen gemacht. Es zeigten sich wesentliche Unterschiede zwischen Spielern unterschiedlicher Leistungsklassen, wobei sich der Denkprozess mit steigender Spielfertigkeit qualifizierte (oder aber die höhere Spielstärke auch das Ergebnis eines qualifizierten Denkvorgangs war).

Dem partiell interessierten Leser sei zunächst das Studium des 2. Kapitels empfohlen, das sich mit den Grundlagen des Denkprozesses befasst. Dann sollte er sich dem 10. Kapitel zuwenden, dessen Überschrift "The Thinking Cap" wohl gut mit "Die Krone des Denkens" übersetzbar sein dürfte. In ihm sind ganz handfeste Feststellungen, Hinweise und Tipps, Qualifizierungsmethoden und -schritte etc. zu finden. Dem sollten die Kapitel 11 und 12 folgen, die sich mit den Grundlagen des Zeitmanagements befassen bzw. resümieren, was "der Forscher gelernt hat". Eben die genannte Reihenfolge empfiehlt auch der Autor selbst in seinen Vorbemerkungen denjenigen, die ihren eigenen Denkprozess qualifizieren wollen.
Empfehlen möchte ich zudem noch den Anhang B, der sich noch kurz mit der Computeranalyse befasst.
Die Kapitel 3 bis 9 stellen detailliert dar, welche Brettaufgaben Spielern mit unterschiedlichen Spielstärken gestellt worden sind, zu welchen Ergebnissen sie geführt haben (Protokolle) und welche Schlüsse gezogen werden können. Diese Inhalte erinnern mich ein wenig an wissenschaftliche Arbeiten. Im Rahmen einer Rezension lässt sich nicht einschätzen, welche Leser welches Interesse für diese Bereiche haben könnten. Dies dürfte individuell sehr unterschiedlich sein.

"The Improving Chess Thinker" ist ganz offensichtlich das Ergebnis einer Fleißarbeit sowie Jahre langer Erfahrung. Ich messe dem Werk eine hohe Qualität bei.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Complete Hedgehog, Volume 1

Sergey Shipov
The Complete Hedgehog, Volume 1
532 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-0-9791482-1-7
23,95 Euro.




The Complete Hedgehog, Volume 1
"The Complete Hedgehog, Volume 1" von GM Sergey Shipov ist ein beeindruckendes Werk, das sich dem Igelsystem von Grund auf bis in seine theoretischen Tiefen widmet. Der Autor bedient sich selbst dieses Systems und verfügt über große praktische Erfahrung hierzu.
Wer den Igel in sein Repertoire aufnehmen möchte, das System von seinen Ideen und seiner Geschichte "bis in die Haarspitzen" der Theorie kennen lernen und verstehen möchte, dürfte sich schwertun, etwas mit diesem Buch Vergleichbares zu finden. Gleiches gilt natürlich für den Spieler, der dem Igel zukünftig profund entgegen treten möchte. Beide Seiten sind mit diesem Werk bestens bedient.

Aber im Einzelnen: Nachdem der Autor einiges zur Idee und zur Geschichte des Igels an Mann und Frau gebracht hat, geht er auf die Strukturen ein, die den Igel zum Igel machen. Er bildet dabei beispielhafte Eröffnungswege ab, über die der Igel auf das Brett "trippeln" kann. Dem folgen weitere allgemeine Ausführungen, von denen besonders jene zur Philosophie des Systems und zur Frage, wie der Spieler allgemein zu einer fundierten Stellungseinschätzung kommt, zu erwähnen sind, bevor es in Sachen Varianten in medias res geht.

Der vorliegende Band 1 widmet sich den Formationen, in denen Weiß seinen weißfeldrigen Läufer auf g2 fianchettiert (englische Igel-Formation). Shipov unterteilt das Material sodann in zwei Teile, von denen der erste die Klassische Fortsetzung 7.d4 und der zweite das System mit 7.Te1 behandelt. Zunächst werden jeweils zur Einführung und als Aufwartung an die Spieler, die zuerst die Igelaufbauten gewählt haben, historische Partien analysiert. Die weiteren Abschnitte klassifizieren sich dann jedoch nach den unterschiedlichen Plänen und Ideen, die somit die Struktur der theoretischen Behandlung vorgeben. Das gesamte Material wird anhand von Partien erörtert. Diese sind sehr verständlich kommentiert, die Analysen gehen dabei Bedarf aber auch weit in die Tiefe.

Ich habe selten ein Theoriewerk in der Hand gehalten, das mich so wie dieses damit beeindruckt, wie sich der Autor ins Zeug legt, um dem Leser das Verstehen des Eröffnungsthemas zu erleichtern. "Das strategische Warum" liegt dem Autor erkennbar ganz deutlich am Herzen. Der Leser soll verinnerlichen, nach welchen Prinzipien welche Ziele verfolgt werden, bevor er die konkreten taktischen Wege mit dem Autor beschreitet. Den einzelnen Abschnitten werden grundlegende Erörterungen vorangestellt, eine Schlussbetrachtung fasst alles zusammen und hebt die besonderen Erkenntnisse hervor.

Ich messe dem Werk nicht nur eine hohe schachliche Kompetenz bei, es ist auch interessant zu lesen. Und zum Lesen findet sich darin ebenfalls genug. Man erkennt, dass der Autor auch insoweit mit Herzblut gearbeitet hat.

Wer sich intensiv mit dem Igelsystem befassen möchte, findet in "The Complete Hedgehog, Volume 1" ein ausführliches qualifiziertes Werk, das den Aufbau mit dem weißen Läufer auf g2 gründlich behandelt. Mit diesem Rüstzeug kann sich auch der Fernschachspieler ohne Bedenken in die Partie begeben.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The English Opening, Volume One

Mihail Marin
The English Opening, Volume One
477 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-906552-04-6
24,99 Euro.




The English Opening, Volume One
"The English Opening, Volume One" von GM Mihail Marin möchte dem Weißspieler für die Zugfolge 1.c4 e5 ein Repertoire verschaffen, das ein Leben lang genutzt werden kann. Diesen ehrgeizigen Anspruch verfolgt der Autor auch, indem er dem Leser rät, sich dem Buch von vorn an zu widmen. Damit möchte er erreichen, dass seine Erläuterungen der strategischen Ideen beim Leser ankommen, die er in Eingangskapiteln ausführt und in der Folge voraussetzt. Der Leser muss schon einen beträchtlichen Ehrgeiz mitbringen, damit er dem Anliegen des Autors folgt.
Der Fernschachspieler ist eher weniger auf das Befolgen dieses Ratschlags angewiesen. Er kann in Ruhe und mit zeitlicher Muße "seine" Eröffnung anvisieren und bei Bedarf auch ein wenig zurückblättern, um den strategischen Unterbau immer noch rechtzeitig kennen zu lernen. "Learning by Doing" ist die Devise des Fernschachspielers.

"The English Opening, Volume One" ist eine ausgezeichnete Grundlage, um im Fernschach 1.c4 zu spielen, soweit der Gegner mit 1…e5 antwortet. So bleibt der ausstehende zweite Band abzuwarten, bis das gesamte Spektrum der gegnerischen Antwortzüge abgedeckt sein wird.
33 Kapitel enthalten das umfassende und sehr gut aufbereitete Material. Ob zentral weiter vorn vorab oder speziell zu Beginn eines Kapitels - Marin gibt sich große Mühe, dem Leser das Verstehen der Varianten zu erleichtern statt diese schlicht ins Gedächtnis einzupauken. Dies erreicht er durch ausreichend ausführliche und verständliche Darstellungen dessen, was als Idee hinter dem behandelten Abspiel steht. Diese bemerkenswerte Qualität der Verständlichkeit bewahrt sich das Werk auch bei der detaillierten Betrachtung der einzelnen Varianten. Der Autor spart nicht mit Anmerkungen und Analysen, bisweilen sogar zu beinahe jedem einzelnen Zug. Einige Neuerungen sind als solche gekennzeichnet, nicht alle sind schon praktisch getestet.

Die Bibliografie enthält die wichtigsten Quellen, was sowohl die Bücher und Periodika als auch die elektronischen Medien betrifft. Im Druckwerk sind aktuelle wie auch ältere Basiswerke vertreten.

Ein sehr ausführliches Variantenverzeichnis hilft beim unmittelbaren Navigieren zu bestimmten Zugfolgen, was für ein Buch dieser Stärke und Qualität allerdings auch als verpflichtend anzusehen ist. Die Qualität dieses Service weiß besonders der Fernschachspieler zu schätzen, der in der laufenden Partie auch schon mal wie auf einer Klavierklaviatur hin und her spielt.

Der Autor Mihail Marin stammt aus Rumänien. In meiner Datenbank sind 61 Partien zu finden, in denen er als Weißspieler 1.c4 e5 auf dem Brett hatte. Hiervor hat er 26 Partien gewonnen, 31 Mal remisierte er und nur 4 Mal musste er dem Gegner zum Erfolg gratulieren. Diese Quote bestätigt ihn als echten Kenner der Materie.

"The English Opening, Volume One" ist eine klare Kaufempfehlung.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Rules of Winning Chess

Nigel Davies
The Rules of Winning Chess
190 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-85744-596-1
18,95 Euro.




The Rules of Winning Chess
Der Titel "The Rules of Winning Chess" eines neuen Werkes von GM Nigel Davies, erschienen bei Everyman Chess, ist vielversprechend. Ein Blick in den Rückentext stärkt die Erwartung, dass bisher gut gehütete Geheimnisse, die den Weg zum Erfolg im Schach sichern, nun endlich gelüftet werden. Dort heißt es nämlich, dass die wahren Könner im Schach die Regeln zum Erfolg kennen, was für andere eben nicht gelten soll. Und diese "leicht zu erlernenden Regeln" sind der Gegenstand dieses Buches.

Um dies früh vorwegzuschicken: The Rules of Winning Chess ist weder ein neuer Schlüssel zum Hort der Schachgeheimnisse noch ein Lehrbuch im engeren Sinn. In meinen Augen ist das Werk nicht mehr und nicht weniger ein klassischer Merkzettel, der durch eine besondere Ausführlichkeit qualifiziert wird, für die praktische Partie im Fernschach bisweilen als "Checkliste" geeignet. Dies steht nicht im Widerspruch zur weiteren Verwendung des Buches für das heimische Schachtraining. Seine Struktur, die Portionierung des Materials laden gerade zu dieser Form der Nutzung ein. Nur wirklich erlernen kann man die behandelten "Regeln zum erfolgreichen Schach" allein auf der Basis dieses Buches nicht. Ein Leser mit einem solchen Anspruch dürfte enttäuscht werden.

Zur Struktur: Den Leser erwarten fünf Kapitel, die folgende Überschriften tragen: Der Spieler, Vorbereitung, Die Eröffnung, Das Mittelspiel, Das Endspiel. In diesen finden sich dann Regeln wie

  • Trainier mit tödlicher Seriosität
  • Übe dich in Geduld
  • Schlaf gut
  • Nimm ein Frühstück zu dir
  • Versuch ein spielbares Mittelspiel zu erreichen
  • Treib die Entwicklung in offenen Stellungen schnell voran
  • Vebessere die Stellung deiner am schlechtesten stehenden Figur
  • Greif den schwächsten Punkt an
  • Türme gehören auf die 7. Reihe
  • Zwei Schwächen sind besser als eine.

Die vorstehenden Beispiele stammen paarweise aus den zuvor genannten Kapiteln. Man sieht, dass die Ratschläge teilweise sehr allgemeiner Natur sind und die Lebensführung des Spielers betreffen, teilweise aber auch unmittelbar der Schachtheorie entstammen. Einige Regeln lassen sich nur auf das Nahschach anwenden.

Jeder Abschnitt wird mit einem in den Kontext passenden Zitat eingeführt, der Inhalt und die Bedeutung der jeweiligen Regel werden dann beschrieben. Dem schließen sich einige Beispiele aus Partien an, die Brettsituationen demonstrieren, in denen eine Regel eingehalten wurde und zum Erfolg führte oder aber missachtet mit gegenteiligen Konsequenzen. Die Brettbeispiele stammen überwiegend nicht aus der Gegenwart.

"The Rules of Winning Chess" setzt englische Sprachkenntnisse voraus, Schulenglisch dürfte im Großen und Ganzen reichen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Genius in the Background

Tibor Károlyi & Nick Aplin
Genius in the Background
382 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1906552-37-4
24,99 Euro.




Genius in the Background
Es gibt einige Namen von Schachspielern, die so bekannt sind, dass sie selbst Menschen ein Begriff sind, die sonst mit Schach nichts am Hut haben. Bobby Fischer und Gary Kasparow sind hierfür die besten Beispiele. Dem gegenüber gibt es aber auch Schachgrößen, für die das genaue Gegenteil gilt. Sie sind weitgehend unbekannt geblieben, auch in Schachkreisen, obwohl sie entweder einen erheblichen Einfluss auf die Schachgeschichte hatten oder aber sie sich doch durch außerordentliche Fähigkeiten hervorgetan haben. Ihnen gilt die Aufwartung, die Tibor Károlyi und Nick Aplin mit dem Buch "Genius in the Background" in die Schachwelt geben.

Die beiden Autoren stellen in elf Kapiteln Größen vor, die beispielsweise als Trainer von Weltmeistern oder als ausgewiesene Kenner von Partiephasen aufgefallen sind, ohne selbst die größten Weihen empfangen zu haben. Mit Beispielen aus deren eigenem Schaffen, überwiegend ergänzt um interessante Interviews und auch mit Glanzlichtern ihrer Trainerschützlinge werden die außerhalb des grellen Lichts der (Schach-) Öffentlichkeit stehenden Genies porträtiert. Zu ihnen zählen Petko Atanasov (Jugendtrainer Topalovs), Yochanan Afek (Meister der Vielseitigkeit), Alexander Shakarow (Kasparows Jugendtrainer), aber auch der anerkannte deutsche Endspielspezialist Karsten Müller. Am Ende jedes Porträts kommen Wegbegleiter oder andere Menschen, die eine irgend geartete Verbindung zum Porträtierten haben oder hatten, kurz zu Wort. Es ist in der Regel interessant zu lesen, was sie über die Person zu sagen haben.
Am meisten aber dürften den Leser die im Buch abgebildeten Partien interessieren. Ausgewählt und in großer Zahl aufgenommen wurden natürlich die Glanzstücke im Schaffen der Porträtierten. Darunter befinden sich auch einige Fernschachpartien. Die Kommentierung ist sehr qualifiziert, teilweise gehen die Analysen sehr in die Tiefe. Liebhaber von exzellent kommentierten Partien kommen also voll auf ihre Kosten.
"Genius in the Background" ist, um ein Schlusswort zu fassen, ein Buch eigener Art. Es bietet Lesestoff, ein paar Lösungsaufgaben und viel qualifiziertes Partienmaterial. Wer sich für diesen Sektor des Schachbuchmarktes interessiert, erhält mit dem Kauf ein gutes Werk in die Hand.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

The Ruy Lopez Revisited

Ivan Sokolov
The Ruy Lopez Revisited
271 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-90-5691-297-0
23,95 Euro.




The Ruy Lopez Revisited
"The Ruy Lopez Revisited" von Ivan Sokolov versteht sich als Repertoirebuch für Schwarz, als Eröffnungsführer durch verschiedene Spezialvarianten der Spanischen Partie. Der Autor hat seine Auswahl so getroffen, dass die behandelten Systeme und Varianten zwar Abseits des Mainstreams liegen, er legt aber Wert darauf, dass diese als gesund zu bezeichnen sind. Auch wenn es sich um ein Repertoirebuch für Schwarz handelt, vergisst Sokolov natürlich nicht die gleichberechtigte Untersuchung der weißen Ressourcen.
Aus der Warte des Fernschachspielers betrachtet fällt auf, dass nicht alle in den Fokus genommenen schwarzen Möglichkeiten nach Einschätzung des Autors selbst zum Ausgleich führen. Die Hoffnung auf Erfolg beim Einsatz in der Turnierpartie stützt sich dann auch auf eine bessere Vorbereitung des Nachziehenden und ein gewisses Überraschungsmoment beim Gegner, was im Fernschach aber nicht die hohe Bedeutung wie beim Nahschach einnimmt. Die Möglichkeit zur intensiven Befassung ohne Zeitdruck und zur Nutzung der Literatur sowie der Datenbanken lässt hier den Vorteil der Überraschung gegen null tendieren.

Der Fernschachspieler wird am besten anhand der Darstellung der behandelten Varianten beurteilen können, inwieweit er für sein Spiel von "The Ruy Lopez Revisited" wird profitieren können. Den Leser erwarten folgende Inhalte:

  • Teil 1 - Jänisch-Gambit - 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 f5 in sechs Kapiteln
  • Teil 2 - Verzögertes Jänisch-Gambit - 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 f5
  • Teil 3 - Cozio-Variante - 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Se7
  • Teil 4 - Smyslov-Variante - 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 g6
  • Teil 5 - Bird-Verteidigung - 1e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sd4 in zwei Kapiteln
  • Teil 6 - Klassische Variante - 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Lc5 in acht Kapiteln.

An mehreren Stellen fällt sehr angenehm auf, dass Sokolov sein Werk mit einer ehrlichen Nüchternheit verfasst hat. Die behandelten Varianten werden nicht durch eine rosarote Brille beurteilt, gleiches gilt für eine jeweils abschließende und zusammenfassende Bewertung. Auch die zu findenden Hinweise darauf, dass es noch belastbarer Erfahrungen aus der Praxis bedarf, bevor ein genaues Urteil getroffen werden kann, belegen die ehrliche Herangehensweise. Solche Anmerkungen beziehen sich in der Regel auf eigene Analysen Sokolovs, somit Neuerungen, von denen das Werk einige enthält. Hierzu ein Beispiel: Übersetzt ins Deutsche schreibt Sokolov auf Seite 36 zu einem Zug (11.f4): "Ich habe diese Stellung eine Weile lang analysiert und möchte diese Analysen hier mit dem Leser teilen. Es sind aber praktische Tests und weitere Analysen unbedingt erforderlich."

"The Ruy Lopez Revisited" ist ein gutes Buch. Inwieweit der Kauf für den Spieler einen Mehrwert bringt, hängt natürlich davon ab, wie relevant für ihn dessen Spezialinhalte sind.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Königswege im Schach

Hans-Joachim Hecht
Königswege im Schach, Der Endspiel-Ratgeber
164 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-3-283-01013-3
16,80 Euro.




Königswege im Schach, Der Endspiel-Ratgeber
Unter einem Königsweg versteht man die Lösung eines Problems, die einfach und optimal zugleich ist. Im Zusammenhang mit dem Schachspiel liegt die Einladung zu einem charmanten Wortspiel auf der Hand. Und genau diese nimmt Hans-Joachim Hecht an, indem er sein neues Buch mit "Königswege im Schach" betitelt, ergänzt um "Der Endspiel-Ratgeber".
Das Werk soll nach dem Vorwort des Autors und einem Hinweis im Rückentext kein klassisches Lehrbuch sein. Es soll, und damit sind wir auch wieder beim Titel, den Blick auf den König richten, der im Endspiel zu besonderer Stärke und Kraft findet. Und ein wenig Sendungsbewusstsein scheint auch eine Rolle zu spielen, denn das Werk soll zudem "Begeisterung für das Endspiel wecken".
Ein letztes Mal möchte ich auf den Titel zurückgreifen: Hecht zeigt die Wege des Königs an etlichen Stellen in Diagrammen auf, indem er Ketten von Pfeilen einsetzt. So wird dem Leser von der anfänglichen Idee zur Königswanderung bis hin zu deren Ziel verdeutlicht, wie "der Königsweg" zum Erfolg in der Partie geführt hat oder hätte.

Ich sehe in diesem Werk einen echten Gewinn für jeden Schachspieler, auch wenn Hecht sein Zielpublikum weniger in den "versierten Meister- und Turnierspielern" als in "aufstrebenden Schachliebhabern" sieht, die zwar "über das elementare Endspielwissen verfügen, jedoch mehr über die farbige Welt des Endspiels erfahren möchten". Das Buch trägt klar zur Qualifizierung der Endspielfertigkeiten bei, besonders zum Einsatz des Königs, und ist dabei zugleich unterhaltsam. Der Begriff des Ratgebers, den der Untertitel einbringt, ist berechtigt, denn mit "Königswege im Schach" kann sich der vorinformierte Spieler in die Prinzipien, Anforderungen und Tücken der behandelten Endspielsituationen einfinden.

Die neben der Einleitung substanziellen Kapitel tragen die folgenden Überschriften:
- Abwicklung
- Bauernendspiele
- Geringe Bauernzahl
- Bauern auf einem Flügel
- Springerwege
- Läufer mit Doppelfunktion
- Aktiver König und Mattangriff
- Aktiver König und Freibauern
- Figurenzusammenspiel
- Raum und Festung
- Hinhaltende Verteidigung
- Pattverteidigung
- Ungewöhnliche Endspiele
- Ergänzende Studien.

Hecht geht zum Aufbau der einzelnen Kapitel sehr strukturiert vor. Einleitend klärt er Begriffe, soweit erforderlich, z.B. jenen der Abwicklung. Er beschreibt, bezogen auf den jeweiligen Kontext, die wesentlichen Aufgaben des Spielers, zeigt die Gewinnstrategie wie auch die Verteidigungsstrategie auf, gibt Erläuterungen und/oder zählt einzelne Schritte oder andere jeweils wichtige Aspekte auf. Hier entfaltet das Werk seine größten Stärken als Ratgeber. Im Anschluss geht Hecht in die praktischen Details "am Brett". Das verwendete, zum Teil sehr analytisch aufbereitete Material stammt überwiegend aus seiner eigenen langjährigen Praxis.

Über die Inhalte verteilte Übungsaufgaben, zu denen die Lösungen am Schluss des Buches zu finden sind, laden den Leser zum Mitwirken und "learning by doing" ein.

"Königswege im Schach" vermittelt den Eindruck einer ganz besonderen Souveränität des Verfassers. Dieser weiß ganz augenscheinlich immer sehr genau, was er will und wie er es will. Die Zusammenstellung der Inhalte geschah nach der Devise "kurz, knapp und präzise, aber ausreichend ausführlich und unterhaltsam".
Hans-Joachim Hecht gilt als großer Endspielkenner. Untrennbar mit seinem Namen verbunden sind die renommierten Endspieldatenbanken von Chessbase. Seine Auszeichnung nimmt auch in diesem Werk Gestalt an.

Wie von Büchern der Edition Olms gewohnt, ist auch "alles Technische" von Qualität. Anständiges Papier, stabiler Karton, sauberer Druck etc. - alles passt.

"Königswege im Schach" ist in meinen Augen Award-verdächtig, ich kann den Kauf des Werkes mit allerbestem Gewissen empfehlen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

Schachkalender 2010

Edition Marco / Verlag Arno Nickel, Berlin 2009
Schachkalender 2010
288 Seiten, gebunden, 27. Jahrgang
ISBN: 978-3-924833-59-6
14 Euro.




Schachkalender 2010
"Jeden Tag ein bisschen Schach" - hierzu verhilft einmal mehr der "Schachkalender", diesmal, wen sollte es verwundern, mit seiner Ausgabe 2010. Die Edition Marco mit Fernschach-Großmeister Arno Nickel in der Schaltzentrale sorgt wieder dafür, dass die Schachanhänger einen Taschenkalender zur Hand bekommen, der im wahrsten Sinn ein solcher ist, passt er doch in (fast) jede Tasche. Für die Hosentasche ist er vielleicht etwas arg dick, er würde auftragen und nicht gerade zum besten Sitz des Beinkleids beitragen. Im Jacket aber, in der Handtasche, in der Aktenmappe findet er bequem Platz.

Der Schachkalender erfüllt alle herkömmlichen Funktionen eines Kalenders, er enthält also alle üblichen Informationen von kalendarischen Daten über Ferientermine bis hin zum Register für eigene Adresseinträge etc.
Jede Tageszeile enthält genügend Raum, um eigene Termine einzutragen oder auch den Hinweis aufzunehmen, dass man einen bestimmten Geburtstag oder vielleicht sogar den eigenen Hochzeitstag nicht übersehen sollte.

Über die schlichten Kalenderinhalte hinaus finden sich im Schachkalender zahlreiche Geburtsdaten von Schachgrößen, immer zum jeweiligen Tag vorgetragen. Namen aus dem Fernschach allerdings enthält das Werk so gut wie nicht, was ich als schade empfinde. Zu manchen Namen gibt es ein kleines Bildchen, eine zusätzliche kleine Geschichte und mehr. Einige breitere redaktionelle Beiträge unterbrechen den kalendarischen Ablauf über das Büchlein hinweg. Diese sind mal informativ, mal unterhaltsam, oft beides.
Es wäre überzogen, in dieser Besprechung alle Inhalte zu erwähnen. Nicht vergessen werden dürfen aber die Bestenlisten aus Schach und Fernschach, die Spieltermine der Bundesligen sowie die vielen "offizielle" Adressen.

Der Schachkalender 2010 ist der gewohnt hübsche rote Faden, der zumindest ein bisschen Schach in jeden Tag des Jahres bringt. Wenn ein Kalender, dann dieser!


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise vom Verlag Arno Nickel (www.edition-marco.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)

the classical King´s Indian uncovered

Krysztof Panczyk & Jacek Ilczuk
the classical King´s Indian uncovered
384 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2009
ISBN: 978-1-85744-517-6
17,95 Euro.




the classical King´s Indian uncovered
"the classical King´s Indian uncovered" vom Autorenduo Krysztof Panczyk und Jacek Ilczuk setzt sich mit der Klassischen Varianter der Königsindischen Verteidigung auseinander. Diese folgt den Eingangszügen 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0.

Ich habe mir den Nutzen des Werkes durch die Brille des Fernschachspielers angesehen und bin sehr von ihm angetan. Es stellt den Stand der Theorie sehr ausführlich dar, auch die wichtigsten Nebenwege findet der interessierte Leser mit dem erforderlichen Tiefgang behandelt. In den Erläuterungen wird auf die wichtigsten Aspekte der einen oder anderen Möglichkeit hingewiesen. Das Material ist aktuell, es wurden die zu erwartenden namhaften Quellen genutzt (Druckwerk und elektronische Medien).
Insgesamt kommt das Werk auf fast 400 Seiten. Auch hieran wird deutlich, wie intensiv auf das Variantenwerk eingegangen wird, denn man muss sich vor Augen halten, dass der Klassische Königsinder eben nur einen Teil des gesamten Königsindischen Systems ausmacht.
Hervorzuheben ist, dass die Möglichkeiten beider Seiten in gleicher Weise nüchtern behandelt werden.

Die Darstellung der Theorie ist in die folgenden Kapitel untergliedert:

1. Lines without 6...e5
2. Exchange Variation: 7.dxe5
3. Gligoric System: 7.Le3
4. Petrosian System: 7.d5
5. 7.0-0: Introduction
6. 7...Sa6
7. 7...Sbd7
8. 7...Sc6 - Introduction
9. 7...Sc6 8.d5 Se7 9.Se1
10. 7...Sc6 8.d5 Se7 9.Sd2
11. Bayonet Attack: 9.b4 without 9...Sh5
12. Bayonet Attack: 9.b4 with 9...Sh5.

Zur Vorbereitung dieser Rezension habe ich das Buch im praktischen Fernschacheinsatz erprobt. Dies heißt, dass ich in einem Turnier im Klassensystem des Deutschen Fernschachbundes e. V. (BdF) gleich mehrere Partien mit dem sonst von mir selten gespielten Königsinder eröffnet habe. Meine Erfahrung ist nur als gut zu bezeichnen, ich konnte mich mit Buchbegleitung sicher durch den ersten Partieabschnitt begeben. Ein Variantenindex am Ende des Werkes erleichtert die Navigation durch die verschiedenen Inhalte hinweg.

"the classical King´s Indian uncovered" von Krysztof Panczyk und Jacek Ilczuk ist eine sehr gelungene Zusammenfassung der Klassischen Königsindischen Verteidigung.

Das in englischer Sprache verfasste Werk ist mit schulenglischen Sprachkenntnissen problemlos aufzunehmen.

Ich kann das Werk für den Einsatz in der Fernschachpraxis mit gutem Gewissen bestens empfehlen.


Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann (www.schachversand.de) zur Verfügung gestellt.
(Uwe Bekemann)