Pentala Harikrishna: "Beat the French Defense with 3.Sc3"

von Uwe Bekemann (Kommentare: 0)

Pentala Harikrishna
Beat the French Defense with 3.Sc3
451 Seiten, kartoniert
ISBN: 9789492510976
31,95 Euro

„Beat the French Defense with 3.Sc3“ ist der Titel einer Neuerscheinung des Jahres 2021 bei Thinkers Publishing aus Belgien. Mit Pentala Harikrishna hat es einen Autor, der seit Jahren zu den besten Spielern der Welt zählt.

Er stellt ein Komplettrepertoire gegen die Französische Verteidigung nach 1.e4 e6 2.d4 d5 vor, wobei er alles andere als 3.Sc3 ausschließt. Damit führt er das Spiel an der Tarrasch-Variante (3.Sd2), an der Vorstoßvariante wie auch der Abtauschvariante vorbei, um die Hauptalternativen zu bezeichnen. Inwieweit für die Abtauschvariante Einschränkungen dieser Aussage angebracht sind, greife ich etwas später auf.


Zunächst hat mich interessiert, was Harikrishna gegen die Winawer-Variante vorschlägt, die Schwarz am häufigsten nach 3.Sc3 anstrebt und in der sich ein breiter Fächer der Theorie ergibt. Hierfür hat er einen eigenen Abschnitt eingerichtet, Teil 6 von sechs. Überschrieben ist er mit „Anti-Winawer“ und enthält drei Kapitel, jeweils natürlich auf die schwarze Erwiderung 3…Lb4. Seine Empfehlungen basieren allesamt auf der Fortsetzung 4.exd5. Nun hängt es davon ab, womit Schwarz antwortet. Für 4…Dxd5, von ihm als Katalymov-Variante bezeichnet, hat er Kapitel 18 eingearbeitet. Im Kapitel 19 geht es um die Fortsetzung 4…exd5 5.Ld3 und …Sf6 und …Se7, während Kapitel 20 sich mit 4…exd5 5.Ld3 und dann …Sc6 und …c6 befasst.

Mit dieser Zusammenstellung schafft es das Werk, die Theorie nach 3…Lb4 auf ein übersichtliches Maß einzudampfen.

Die Katalymov-Variante kommt zumindest im oberen Leistungsbereich in der Praxis auch heute noch recht selten auf das Brett, obwohl sie schon mal von Jeroen Bosch in seiner Reihe „Secrets of Opening Surprises“ (SOS) vorgestellt worden ist, was in anderen Fällen einen erkennbaren Einfluss auf die Popularität von Spielweisen hatte. Harikrishna hat das System auch selbst schon gespielt, was er zu Beginn erwähnt, und bietet seine Ergebnisse entsprechend aus Überzeugung hinsichtlich der Spielbarkeit im Turnierschach an.

Das System ist von Weiß recht einfach zu spielen und die Partie geht – im Zusammenwirken mit den Varianten in den beiden Folgekapiteln – den Hauptlinien in der Winawer-Variante wirksam aus dem Weg.

Zu den weißen Erfolgsaussichten sehe ich die Katalymov-Variante als eine weniger kritische Spielweise an. Nach dem natürlichen Fortgang mit 5.Sf3 Sf6 empfiehlt Harikrishna 6.Ld3 und kommt nach 6…Se4 7.0-0! in der Folge zu guten Aussichten für Weiß.

In den Kapiteln 19 und 20 schlägt Schwarz mit 4…exd5 zurück, so dass eine Stellung entsteht, die auch über die Abtauschvariante mit anschließendem 4.Sc3 Lb4 auf das Brett kommen kann. Allerdings ist in der Winawer-Variante 4.e5 der klare Platzhirsch und 4.exd5 der Nebenweg.

Die Überschriften der weiteren 5 Buchabschnitte sind:

  • Teil 1: Odds and Ends
  • Teil 2: 3…Sc6
  • Teil 3: Rubinstein Variation
  • Teil 4: 3…Sf6 4.e5 & 5.Sce2
  • Teil 5: 3…Sf6 4.e5 & 5.f4.

Gegen die Rubinstein-Variante 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sd7 konzentriert sich das Werk auf 5.Sf3. Die Fortsetzung 5.g4 wird als Alternative für den opferbereiten Angriffsspieler erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt, weil Harikrishna nach seiner Begründung einen derart verpflichtenden Zug so früh in der Partie nicht gerne empfiehlt. Nach dem Textzug sucht er nach Wegen, auf denen Weiß möglichst früh zur Platzierung seines Springers auf e5 kommt, was ihm auch als strategischer Aufhänger für seine Erläuterungen dient. Solche Anker im Material sind nicht zuletzt für den noch unerfahrenen Spieler sehr von Nutzen, eben weil sie Struktur und System in die eigenen Überlegungen während der Partie bringen können.

Harikrishna erläutert sehr instruktiv. Dies macht „Beat the French Defense with 3.Sc3“ – neben der Zusammenstellung des Repertoires mit dem Ziel, möglichst viel Theorie aus dem Weg zu gehen – auch für den „einfachen“ Klubspieler bzw. den engagierten Freizeitspieler interessant. Wer lange Varianten und Analysen sucht, wird in diesem Werk kaum fündig. Es gibt allerdings zahlreiche neue Ideen darin, die Spieler aller Kategorien ansprechen dürften.

Auffällig ist, dass nur selten Varianten als Fragmente aus Partien mit Spielern, Turnier und Jahr gekennzeichnet werden. Auf jeden Fall wird hierdurch viel Text eingespart.

Seine Stärke kann das Buch besonders auch mit Ergänzung durch eine gut sortierte Datenbank ausspielen.

„Beat the French Defense with 3.Sc3“ ist in der Form der Baumstruktur aus Haupt- und Nebenvarianten organisiert. Musterpartien enthält das Werk nicht.

Die Darstellung ist sehr übersichtlich, so wie man es von Thinkers Publishing kennt. Haupt- und Nebenvarianten sowie Nebenvarianten unterschiedlicher Ordnung sind gut erkennbar voneinander getrennt. Ebenfalls wie gewohnt gibt es zahlreiche Diagramme; in Nebenvarianten sind sie kleiner als in Hauptvarianten, so dass sie entsprechend einfach zugeordnet werden können. Eine Besonderheit liegt darin, dass gelegentlich grafische Pfeile innerhalb der Diagramm auf bestimmte Konstellationen oder Zugmöglichkeiten aufmerksam machen. Dieser Service wird besonders dem Leser unterhalb der oberen Spielstärke helfen.

Leider enthalten Bücher von Thinkers Publishing regelmäßig kein Variantenverzeichnis. Dies ist auch bei „Beat the French Defense with 3.Sc3“ der Fall. In diesem Fall habe ich ein solches Verzeichnis schmerzlich vermisst. Das Inhaltsverzeichnis aus den oben schon erwähnten Abschnitten und den 20 Kapiteln ist teilweise zugbasiert aufgestellt, verwendet teilweise aber auch Namen oder textliche Umschreibungen. Eine Orientierung über alle Inhalte hinweg auf der Basis von Zugfolgen kann das Inhaltsverzeichnis nicht wie ein Variantenverzeichnis ermöglichen.

Fremdsprachenkenntnisse auf Schulniveau reichen überwiegend aus, um bequem mit dem Buch arbeiten zu können.

Fazit: „Beat the French Defense with 3.Sc3“ ist ein gelungenes Repertoirebuch für Weiß gegen die Französische Verteidigung über den im Titel genannten Ausgangszug. Das Repertoire erlaubt dem Anwender viel Theorie auszuweichen. Die Erläuterungen sind sehr instruktiv.

Das Werk spricht Freizeit- und Klubspieler ebenso wie Turnierspieler im höheren Leistungsbereich an, für die besonders auch etliche neue Ideen von Interesse sein werden.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann zur Verfügung gestellt.

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