Jeremy Silman: "Silman’s Chess Odyssey"

von Uwe Bekemann (Kommentare: 0)

Jeremy Silman
Silman’s Chess Odyssey
549 Seiten, kartoniert
ISBN: 9781890085247
17,50 Euro

Silman’s Chess Odyssey“ ist ein Buch, dessen Autor das Schachspiel und Schachbücher liebt, und es ist ein Buch für alle, die das Schachspiel lieben. Beim Eintauchen in seine 549 Seiten läuft man Gefahr, darin zu versinken.
Dieser Rezension lag die gedruckte Fassung des Werkes zugrunde. Es ist aber auch als eBook erhältlich. Es liegt in der Betrachtung und hängt von den Präferenzen des Lesers ab, welche der beiden Alternativen er bevorzugt. Leser mit einem etwas schwachen Bizeps werden sicherlich zu denen zählen, die die elektronische Fassung bevorzugen, denn mit mehr als einem Kilogramm ist das Werk auch im wahren Wortsinn ein Schwergewicht. Persönlich bevorzuge ich für Bücher dieser Art das gedruckte Buch; sie sorgt dafür, dass die Arbeit ihr volles Flair entfalten kann. „Silman’s Chess Odyssey“ lädt inhaltlich für das Schmökern in der Sofaecke ein.


Der Autor Jeremy Silman ist Internationaler Meister aus den USA, berühmt aber vor allem als Autor. Erschienen ist das neue Werk 2022 bei Siles Press, USA.

Mit seiner Hommage an das Schachspiel will Silman den Leser unterhalten. Schulen wird er ihn nicht, wenngleich Lerneffekte beim Studium des Werkes natürlich nicht ausgeschlossen sind.
Das Buch ist in 4 Abschnitte gegliedert. Diese tragen, sinngemäß übersetzt, die folgenden Überschriften:

  • Abschnitt 1: Verrückte Großmeistergeschichten
  • Abschnitt 2: Legendäre Spieler
  • Abschnitt 3: Portraits und Geschichten
  • Abschnitt 4: Denkanstöße, Theorie, Anleitungen und FAQs.

Abschnitt 1 enthält 22 Geschichten zu verschiedenen Spielern, zumeist Großmeistern, und regelmäßig unter Einbindung bzw. im Zusammenhang mit Partien. Bei den Geschichten handelt es sich häufig um Anekdoten, die mir teilweise bereits vorher bekannt waren, teilweise aber auch nicht. Sie verbinden sich in der Regel mit der Person des Autors, zum Beispiel weil er einen persönlichen Kontakt zum jeweiligen (Groß-)Meister hatte, sich Erinnerungen anderer Art mit ihm verknüpfen oder sie sogar gemeinsam am Brett gesessen haben.
Dieser erste Teil des Buches ist für mich der unterhaltsamste von allen.

Abschnitt 2 portraitiert namhafte Spieler von Adolf Anderssen bis Efim Geller anhand ihrer Partien. Diese sind unterhaltsam kommentiert und überwiegend um Informationen zur Person, zu Erfolgen, zu Turnierteilnahmen etc. ergänzt. In diesem Abschnitt liegt der Schwerpunkt eher auf den Partien als auf den eingestreuten Informationen bzw. Erzählungen.

Abschnitt 3 ähnelt inhaltlich und im Aufbau dem ersten Abschnitt. Er enthält 4 Geschichten und Partien.

Abschnitt 4 ist eine Art Sammelkiste für verschiedene Inhalte. So geht es u.a. um des Autors klassische Lieblingspartien, Anmerkungen und Überlegungen zu verschiedenen Eröffnungen, Schach-Psychologie sowie um Gegenstände der Schachtheorie, dies allerdings eher nicht unter dem Ansatz der gezielten Schulung des Lesers.

Im Buch sind ausweislich des Partienverzeichnisses mehr als 300 Partien aufgenommen. Durchgehend nummeriert sind sie in der Folge nicht. Sie sind historischer, teilweise klassischer Natur und ebenso teilweise gut bekannt. In einigen Duellen zählte der Autor zu den Kombattanten.
Eine Partie, und zwar Geller - Polugajewsky, Moskau 1961, müssen wir allerdings abziehen, weil sie doppelt im Werk vorkommt (auf den Seiten 367/368 und 375/376). Auch wenn die jeweilige Kommentierung nicht völlig gleich ist, kann es sich dabei wohl kaum um Absicht handeln.

Die Partien dürften vom geübten Leser zumeist auch ohne Brett genossen werden können. Zahlreiche Diagramme visualisieren das Brettgeschehen und machen das Nachspielen im Geiste leichter.

Etliche Fotos und weitere Abbildungen (Zeichnungen, Briefmarken, Zeitungsinhalte etc.) lockern das Werk auf. Erfreulicherweise vermitteln die Fotos aus älteren Tagen in diesem Werk nicht so einen düsteren Eindruck wie oft. Sie scheinen gut aufgearbeitet worden zu sein, was zumindest teilweise angesichts deren Alters und der sicher nur geringen ursprünglichen Schärfe keine leichte Aufgabe gewesen sein dürfte.

Silman’s Chess Odyssey“ konfrontiert den Leser mit sehr viel Text. Dieser stellt zwar in Sachen Wortschatz und Grammatik keine besonderen Anforderungen an die Fremdsprachenkenntnisse, doch schon wegen des Umfangs sollte der Leser für ein bequemes Verstehen Kenntnisse mindestens auf Schulniveau und etwas Übung mitbringen.
Bei der Recherche im Zuge der Arbeit an dieser Rezension habe ich kritische Stimmen in Bewertungen zum Werk gefunden, in denen Muttersprachler eine unzureichende Korrekturlesung beklagten. Sie verwiesen auf Beispiele im Text, die ich dann tatsächlich auch finden konnte, die mir zuvor selbst jedoch nicht aufgefallen waren. Als Fremdsprachler geht man scheinbar leichter und ohne Defizit im Verständnis darüber hinweg.
Fazit: „Silman’s Chess Odyssey“ ist ein gelungenes Werk der Schachunterhaltung. Es sind vor allem Anekdoten und sonstige Geschichten sowie daneben unterhaltsam kommentierte Partien, die das Buch auszeichnen.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann zur Verfügung gestellt.

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