Alex Fishbein: "The Exchange French Comes to Life"

von Uwe Bekemann (Kommentare: 0)

Alex Fishbein
The Exchange French Comes to Life
240 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-1-949859-29-4
24,95 Euro

Es gibt viel und gute sowie aktuelle Literatur zur Französischen Verteidigung. Eine gewisse Lücke aber gab es zur Thematik, mit welchen Strategien man mit Weiß in der Abtauschvariante auf Sieg spielen kann, bis der amerikanische Großmeister Alex Fishbein sich dieser annahm. Geschlossen hat er sie mit „The Exchange French Comes to Life“, 2021 erschienen bei Russell Enterprises. Der Autor verspricht neben einem lebendigen Schach dem Spieler mit Weiß vitale Gewinnchancen auf der Basis neuer strategischer Ansätze. Der Untertitel des Werkes „Fresh Strategies to Play for a Win“, zu übersetzen mit „Neue/Frische Strategien, um auf Sieg zu spielen“ zeigt dessen Ausrichtung unmissverständlich an.


Fishbein hat seine Arbeit in 11 Kapitel gegliedert. „The Exchange French Comes to Life“ ordne ich dabei eher als Monografie denn als Repertoirebuch ein. Gleichwohl leistet Fishbein Hilfestellung beim Aufbau eines eigenen Repertoires, auch durch eine praktische Anleitung. Zu diesem Zweck hat er das Kapitel 11 integriert, mit „Your Repertoire File“ überschrieben. Auf dieses gehe ich etwas weiter unten im Detail ein.
Der Autor selbst klassifiziert „The Exchange French Comes to Life“ als Repertoirebuch, wie sein persönliches Vorwort zeigt (ein weiteres Vorwort stammt von John Watson). Dabei hofft er, dass es auch nützlich für den Spieler mit Schwarz ist, wenngleich es aus der weißen Perspektive heraus geschrieben ist.

Es gibt 94 praktische Partien im Buch, auf deren Basis die Erörterungen zur Theorie erfolgen. Zumeist stammen sie aus der Meisterpraxis der jüngeren Jahre, auch wenn sie natürlich nach inhaltlichen Kriterien, auch nach Relevanz, ausgewählt worden sind. So gibt es auch einige Duelle, die schon vor mehreren Jahrzehnten gespielt worden sind, aber mit Bedeutung für eine Spielweise und mit Spitzenspielern am Brett, so etwa Garri Kasparow.
Neben den üblichen Kenndaten ist manchen Partien das Symbol eines weißen Königs zugeordnet. Es zeigt an, dass es sich um ein theoretisch wichtiges Spiel handelt, das somit eine besondere Aufmerksamkeit des Lesers verdient. Bei seiner Arbeit in Umsetzung des Kapitels 11 sollte er diese Hervorhebung mit berücksichtigen.

Im Anschluss an das 1. Kapitel, in dem er eine Einführung in die Abtauschvariante der Französischen Verteidigung gibt, arbeitet Fishbein in den Kapiteln 2 bis 10 nach zwei unterschiedlichen Mustern. Teilweise befasst er sich jeweils mit bestimmten Stellungsmerkmalen, die auf unterschiedlichen Wegen entstehen können und entsprechend nicht auf eine konkrete Variante festgelegt sind, sonst aber mit der Theorie eben doch ganz konkreter Varianten.
Der folgende Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis, zu dem ich im Anschluss noch ein paar Erläuterungen gebe, gibt Auskunft über Inhalt und Anordnung der genannten Kapitel.

  • Kapitel 2: The IQP-lite
  • Kapitel 3: The Uhlmann Gambit
  • Kapitel 4: Symmetrical Structures
  • Kapitel 5: The 5...c5 Variation [Anmerkung zum Inhalt: 1.e4 d6 2.d4 d5 3.exd5 exd5 4.Sf3 Sf6 5.Ld3 c5]
  • Kapitel 6: The 4...Bg4 Variation [Anmerkung zum Inhalt: 1.e4 d6 2.d4 d5 3.exd5 exd5 4.Sf3 Lg4]
  • Kapitel 7: The 4...Nc6 Variation [Anmerkung zum Inhalt: 1.e4 d6 2.d4 d5 3.exd5 exd5 4.Sf3 Sc6]
  • Kapitel 8: Rare Moves against 4.Nf3
  • Kapitel 9: The Miezis Variation [Anmerkung zum Inhalt: 1.e4 d6 2.d4 d5 3.exd5 exd5 4.c4]
  • Kapitel 10: The Delayed Exchange Variation.

Unter „IQP-lite“ versteht Fishbein den „IQP light“. Diese Bezeichnung findet man manchmal für den isolierten Damenbauern auf d4, wenn er nicht wie gewöhnlich auf einen schwarzen Bauern auf e7 oder e6 trifft, sondern auf c7 oder c6.
Die Bezeichnung „Miezis-Variante“ kann ich nicht als offizielle Übereinkunft erkennen. Der lettische GM Normunds Miezis hat allerdings viele Partien damit eröffnet und auch Erfolg damit gehabt, was Fishbein offenkundig zu seiner Namensgebung veranlasst hat.

Der Autor arbeitet mit einem Mix aus Textkommentierung und Varianten. Dabei dominieren die Erläuterungen klar. Varianten sind zumeist eher kurz gehalten. Nur teilweise gehen sie erheblich in die Tiefe. Fishbein begründet diese Fälle mit ihrer besonderen Bedeutung, insbesondere weil es eine Wiederholungsmöglichkeit gibt.
Die Partiebeispiele sind so ausgewählt, dass sie aufeinander aufbauen. Bisweilen startet Fishbein mit einem Negativbeispiel in seine Erörterung, um falsche Richtungsentscheidungen aufzuzeigen und an ihnen die angezeigten Wege festzumachen. Die Partien sind soweit durchkommentiert, dass die wesentlichen Entwicklungen behandelt werden, auch wenn sie im Mittelspiel oder in Richtung Endspiel stattfinden. So ist eine Betrachtung aus einem Guss erreicht; in der Eröffnung getroffene Entscheidungen werden auf ihre Auswirkungen in späteren Phasen hin untersucht.
Fishbein verzichtet darauf, Ausgangsstellungen der Betrachtung mit einem Diagramm einzuführen, sondern bildet stattdessen immer die vollständige Partie ab. Bereits über eine Kommentierung abgefangene Varianten nimmt er dabei natürlich nicht auf. Die letzten Züge einer Partie werden ab dem Zeitpunkt, ab dem sie für die theoretische Erörterung nicht weiter interessant sind, nur noch unkommentiert und damit allein zur Komplettierung des Ablaufes abgebildet.

Das schon angesprochene 11. Kapitel leitet den Leser an, sich ein persönliches Repertoire zu stricken. Ein auf Varianten und Partien basierendes Gerüst gibt Fishbein ihm an die Hand. Am Beispiel seines eigenen Vorgehens, mit dem er sich unter Nutzung von ChessBase den „heiligen Gral“ seiner Eröffnungstheorie erschaffen hat, soll der Leser eine Methode für sich selbst entwickeln können.

Zumindest in Teilen gibt „The Exchange French Comes to Life“ auch Hinweise und Anleitung zur Strategie im Schach allgemein. Ein besonderes Beispiel hierfür ist die Einleitung des 2. Kapitels, in der Fishbein die wesentlichen Aspekte in der Unterscheidung des isolierten Damenbauern allgemein und des „IQP lite“ herausarbeitet. Er macht dies strukturiert in klar voneinander unterschiedenen Schritten, dass der Leser mindestens ab dem Klubspieler damit etwas anfangen kann und Nutzen daraus auch für andere Positionen mit diesen Bauernstrukturen ziehen kann.

Neben einem ordentlichen Variantenverzeichnis ist am Ende des Buches auch ein Verzeichnis der häufiger im Buch vorkommenden Elemente der Strategie zu finden, beispielsweise „Vorposten auf e5“ und „Spiel gegen schwache schwarze Felder“.

Die Anforderungen an die Fremdsprachenkenntnisse sind moderat, was für englischsprachige Bücher, die von amerikanischen Autoren verfasst worden sind, nicht immer der Fall ist.

Fazit: „The Exchange French Comes to Life“ ist ein gelungenes Werk mit Elementen einer Monografie und eines Repertoirebuches. Es verhilft dem Leser aus der Warte von Weiß zu einem Repertoire auf der Basis der Abtauschvariante in der Französischen Verteidigung, das genügend Potenzial hat, um auf Vorteil und Sieg zu spielen. Zum Aufbau eines eigenen persönlichen Repertoires ist das Werk auch dadurch behilflich, dass es eine Methodik hierzu, jene des Autors selbst, ausführlich beschreibt und für die weitere Umsetzung ein Ausgangsrepertoire zur Verfügung stellt.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann zur Verfügung gestellt.

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